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Header Hochdrucklautsprecher vor Bäumen

Dem Freien Radio für Stuttgart droht das Aus

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Cannstatter Zeitung vom 26. April 2006

Landesanstalt für Kommunikation hat Zuschüsse drastisch gekürzt - Wird das zehnjährige Jubiläum noch gefeiert?

Stuttgart (vm) Radio Neckar, Radio Africa, Stimme der rumänischen Gemeinde, Russisches Kulturroulette und viele andere nicht kommerzielle Sender leben seit zehn Jahren gemeinsam und glücklich unter einem Dach beim Freien Radio für Stuttgart (FRS). Nun ist die kreative Zusammenarbeit der Radioschaffenden in der Landeshauptstadt in Gefahr: Wegen Geldnot droht die Schließung des Senders.

Das würde bedeuten, dass der Körperbehindertenverein, die Selbsthilfegruppe der Stotterer, Amnesty International und Green Peace, dass Schwule, Schulklassen aus Paracelsus- oder Zeppelin-Gymnasium und zahlreiche andere Gruppierungen kein Sprachrohr mehr haben würden, über das sie ihre Meinung per Funk an die Öffentlichkeit bringen können. Die Hauptprinzipien der Programmgestaltung des FRS, einen der größten Sender der insgesamt neun Freien Radios in Baden-Württemberg, lauten: Vielfältigkeit, Authentizität, Freiheit. Nicht die Programmdirektion, sondern eine Versammlung der 50 Redaktionen entscheidet darüber, ob eine Sendung im ungewöhnlichen Format mit alternativer Musik und zu einem in den normalen Medien weniger populären Thema über den Äther gehen darf auf der Frequenz 99,2 in der Landeshauptstadt. Eine weitere Besonderheit: FRS lehnt kommerzielle Werbung im Hörfunk ab. Der gemeinnützige Verein finanziert sich ausschließlich durch Gebühren und Spenden. Der Hauptfinanzier des FRS war lange Zeit die Landesanstalt für Kommunikation (LfK), die jährlich rund 45 000 Euro beisteuerte. Doch vor zwei Jahren beschloss die Landesanstalt, rund 30 Stunden der wöchentlichen Sendezeit des FRS ans Hochschulradio zu vergeben und gleichzeitig die Zuschüsse ans Spartenradio um 7200 Euro zu kürzen. Dagegen hat das FRS beim Verwaltungsgericht zwar geklagt, doch auf das Urteil wartet man seit zwei Jahren.

Es geht mittlerweile um die Existenz. Um das Jahr 2006 zu überstehen, muss bis Jahresmitte ein Finanzloch von 6000 Euro gestopft werden. Die etwa 200 ehrenamtliche Mitarbeiter versuchen nun, die Öffentlichkeit auf die dramatische Situation des Senders aufmerksam zu machen. Wir machen das für die Zukunft, für unsere Kinder. Ohne Radio für Ausländer wird uns ein Stück unserer Kultur fehlen, sagt David Adu Boaheme, seit acht Jahren Redakteur des Radio Africa. Auf seinen Hilferuf meldeten sich deutschlandweit sechs internationale Musikbands, die am Wochenende ohne Gage im Alten Feuerwehrhaus in Heslach bei einem Benefizkonzert spielten. Die rund 130 Gäste spendeten etwa 1300 Euro für den Sender der Betrag freilich reicht längst nicht aus zum Überleben.

Weitere Aktionen sind deshalb geplant: Am 13. Mai, 22 Uhr, präsentiert das Freie Radio für Stuttgart die Berliner Gruppe Egotronik in den Waggons am Nordbahnhof.