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29.03.2018 18:00 Uhr Inforedaktion: AG Weiße Fabrik

Klinikum Stuttgart
Das Klinikum soll Anstalt des öffentlichen Rechts werden

Wir berichteten bereits in unserer letzten Sendung mit Schwerpunkt Gesundheitswesen ausführlich darüber, dass nicht nur geplant ist das Klinikum zu einer Uniklinik zu machen, sondern auch den bisherigen Eigenbetrieb des Stadt Klinikum Stuttgart in eine Anstalt des öffentlichen Rechts umzuwandeln.
Diese Möglichkeit ergibt sich, weil der 4-seitige Vertrag zwischen der Stadt, dem Klinikum, dem Personalrat und Verdi zum 31. Dezember dieses Jahres gekündigt werden kann. Dieser Vertrag sichert bis dahin noch die „grundlegenden Interessen der Beschäftigten“, also u.a.: keine Privatisierungen, keine betriebsbedingten Kündigungen oder Absenkungstarifverträge und Aufrechterhaltung des Eigenbetriebs.
Während es mit dem Status Uniklinik noch eine Weile dauern dürfte, scheint eines für die Mehrheit des Gemeinderats bereits ausgemacht: Das Klinikum Stuttgart, eines der wenigen verbliebenen Maximalversorgungshäuser in kommunaler Hand, soll zum 1.1.2019 in eine Anstalt des öffentlichen Rechts als 100% Tochter der Stadt, umgewandelt werden.
Die Beschäftigten wären dann nicht mehr Beschäftigte der Stadt, sondern Beschäftigte der neu gegründeten Anstalt, die eigene Tochterunternehmen gründen kann
Die betriebliche Mitbestimmung des Personalrats würde geschwächt und ein gemeinsames Vorgehen mit dem Gesamtpersonalrat der Stadt kaum mehr möglich.
Der Gemeinderat wäre nicht mehr unmittelbar zuständig, der Oberbürgermeister nicht mehr oberster Dienstherr und das Haushaltsrecht für das Klinikum würde aufgegeben werden.
Es scheint, der Gemeinderat will sich zum Teil selbst entmachten und das Klinikum der öffentlichen und demokratischen Kontrolle entziehen. Dem zugrunde liegt die Ideologie, dass alles so kompliziert sei, dass ohnehin nur noch Fachkräfte in der Lage seien alles durchschauen zu können und die Stadträtinnen und Stadträte überfordert seien. Freie Markt Ideologie pur.
Als scheinbaren Beweis dafür müssen die Vorgänge um die International Unit des Klinikums und der „Goldene Handschlag“ für den ehemaligen Geschäftsführer des Klinikums Herrn Schmitz herhalten. Die International Unit ist übrigens ein weiteres bemerkenswertes Beispiel für die Freie Markt Ideologie pur. Schwerreiche Saudis werden hier behandelt und „abgezockt“, was für sie aber nur ein „Nasenwässerle“ ist, um mit dem erzielten Gewinn das hier unterfinanzierte Krankenhaus zu versorgen. Aber das ist ganz normales Wirtschaftsgebahren in unserem Wirtschaftssystem.
Genau vor einer Woche diskutierte der Gemeinderat über den „Goldenen Handschlag“ und die International Unit. Ein Artikel der Südwest Presse vom 22.03. legt nahe, dass es nicht in erster Linie die angeblich überforderten Stadträtinnen und Stadträte waren, die bei der Kontrolle versagt hätten, sondern niemand anderes als Oberbürgermeister Kuhn von der Grünen, der damalige, für das Klinikum zuständige Bürgermeister Wölfle, ebenfalls Grüne, und der heute für das Klinikum zuständige Erste Bürgermeister Föll von der CDU. Diese drei hätten entschieden Zitat: „...dass die Erkenntnisse des Rechnungsprüfungsamts, das die Arabiengeschäfte der Klinik untersucht hat, den Stadträten bei der Entscheidung über Trennung von Schmitz nicht vorgelegt wird“ Zitat Ende.
Entsprechend aufgebracht waren die Gemeinderatsmitglieder.
Ein paar Zitate aus dem Artikel der Südwestpresse:
SPD Fraktionschef Martin Körner in Richtung Bürgermeister Wölfle: „Wir hätten erwartet, dass Sie persönliche Konsequenzen ziehen.“ und „Wölfle trägt die politische Verantwortung für den Abfindungsvertrag“, und: „Das Vertrauensverhältnis zwischen den Fraktionen und den Bürgermeistern ist gestört.“
FDP Sprecher Martin Oechsner: „Ich fühle mich von der Verwaltung hinters Licht geführt.“ Oechsner sprach auch von einem zögerlichen Aufklärungswillen auf Seiten der Rathausspitze.
CDU Fraktionschef Alexander Kotz: „Da ist Vertrauen zerstört worden.“ Bei nicht ganz so wichtigen Entscheidungen binde der OB Kuhn die Fraktionschefs ein, wenn es aber ans Eingemachte gehe, handle er allein.
Thomas Adler von SÖS, Linke, Plus: „Die Misswirtschaft und die Verselbstständigung“ der International Unit sei das „Ergebnis eines organisierten Wegschauens der Verwaltung.“
OB Kuhn meinte man habe erst allmählich den Umfang des Skandals gesehen: Zitat „Es war ein kumulierender Prozess des Erkenntnisgewinns“.
Föll ergänzte Zitat: „Vor zwei Jahren hatten wir einen anderen Wissensstand.“
Aber selbst wenn alle in diesem Fall versagt hätten ist es als Konsequenz absurd dann die demokratische Kontrolle ganz abzuschaffen.
Denn ob in einer angestrebten künftigen Anstalt diese Vorgänge überhaupt ans Licht gekommen wären, kann bezweifelt werden. Der dann, statt dem Gemeinderat zuständige Verwaltungsrat der Anstalt tagt nämlich nicht öffentlich und Vorsitzender eines solchen Verwaltungsrat wären mutmaßlich entweder der OB Kuhn oder der Erste Bürgermeister Föll.
Und wenn man nun abschweift und an den Dieselskandal denkt, sieht man wie lange es bei privatwirtschaftlichen Betrieben ohne demokratische Kontrolle braucht bis der riesige, organisierte Betrug überhaupt ans Licht kommt.
Die demokratische Kontrolle des Klinikums ist unabdingbar. Schon deswegen, damit solche Geschäftsgebahren überhaupt an die Öffentlichkeit gelangen.
Wir werden über die weitere Entwicklung berichten.

Tarifrunde Öffentlicher Dienst

Für Mitte April ist die dritte Verhandlungsrunde für die Tarif- und Besoldungsrunde 2018 mit dem Bund und der VKA, der Vereinigung kommunaler Arbeitgeber terminiert.
Verdi fordert als zentrale Punkte 6 % mehr Lohn, mindestens aber 200 Euro mehr im Monat und die Beseitigung der Nachteile der Krankenhausbeschäftigten gegenüber anderen öffentlichen Bediensteten zum Beispiel beim Nachtschichtzuschlag oder Zusatzurlaub.
Von den Arbeitgeber liegt bislang kein Verhandlungsangebot vor.
Größtes Hindernis auf dem Weg zur Einigung ist die Gewerkschaftsforderung, die Löhne und Gehälter nicht nur um sechs Prozent, sondern auch mindestens um 200 Euro zu erhöhen. Das hätte zur Folge, dass die unteren Entgeltgruppen überdurchschnittlich profitieren würden. Die Kommunen haben hingegen ein gewisses Interesse daran, den oberen Entgeltgruppen mehr zu bieten, damit der öffentliche Dienst in Konkurrenz zur Privatwirtschaft leichter Fachkräfte gewinnt. Verdi hält dagegen, dass sich die absolute Löhnhöhe der unteren und oberen Entgeltgruppen nicht noch weiter auseinanderentwickeln dürfe. Dabei unterschlägt verdi, dass die seit Anfang 2017 geltende Entgeltordnung, die von verdi abgeschlossen wurde, gerade diese Auseinanderentwicklung zwischen oberen und unteren Entgeltgruppen massiv befördert hat. Frank Bsirske hat sich nun aber öffentlich festgelegt, dass es ohne eine „soziale Komponente“ keinen Abschluss geben soll. Erst am Mittwoch vergangener Woche bekräftigte der Verdi-Chef: „Vor allem für die unteren und mittleren Einkommen muss eine deutliche Erhöhung rauskommen. Das geht über eine rein prozentuale Anhebung nicht.“
Trotz dieser Ausgangslage sagt der Chef der kommunalen Arbeitgeberverbände Thomas Böhle, Zitat:„Gleichwohl gehen wir davon aus, dass wir in der kommenden Runde zu einem Kompromiss finden werden.“
Das ist in der Tat wahrscheinlich. Denn auf der einen Seite hat der Staat angesichts von Steuereinnahmen in Rekordhöhe einen größeren finanziellen Spielraum – auch wenn das die Kommunen nicht davon abhält, weiter über die erdrückende Schuldenlast zu jammern. Auf der anderen Seite werden es die Gewerkschaften voraussichtlich nicht auf einen Streik ankommen lassen. Insbesondere Verdi knabbert offenbar immer noch an den finanziellen Folgen der mehrwöchigen Arbeitskämpfe bei der Post und im Sozial- und Erziehungsdienst 2015.
Gestern kündigte der verdi Chef Bsirske an, dass nach der Osterpause, also im Zeitraum zwischen dem 9. und dem 13. April weitere Arbeitsniederlegungen im Kitabereich, der Abfallentsorgung, der Flughäfen und der Krankenhäuser geplant seien.
Da ist Stuttgart und auch das Klinikum sicher auch mit dabei. Und hoffentlich ganz viele Kolleginnen und Kollegen.
Wie es dann, nach der dritten Verhandlungsrunde weitergeht oder ob es überhaupt weiter geht, lässt sich nur erahnen: ab Mitte April dürfte wieder Ruhe herrschen.

Eine Ausgabe der Sendung Inforedaktion: AG Weiße Fabrik.

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