Direkt zum Inhalt
Bild
Header Hochdrucklautsprecher vor Bäumen

Dem Morgenrot entgegen?

Bild

Landesmediengesetz geändert – Verwaltungsvollzug in der Klärung
vom Vorstand des Fördervereins

Eine Lanze für die Freien Radios brechen, so lautet der Auftrag aus der Koalitionsvereinbarung für die Landesregierung. Dazu wurde der Landesverband der Freien Radios, die Assoziation Freier Gesellschaftsfunk (AFF) aufgefordert, ihre Vorstellungen zu einem neuen Landesmediengesetz vorzutragen. Kurz zusammengefasst geht es den Freien Radios um Bestandssicherung und –ausbau. Dazu zählt eine bessere Frequenzausstattung, eine Einordnung in den Pflichtkatalog der nach dem Medienrecht bevorrechtigt zu bedienenden Veranstaltenden und eine Finanzausstattung, die die Rahmenbedingungen der Freien Radios sicherstellt. Unsere dazu aufgestellte Forderung beträgt pro Vollzeitveranstaltendem 240.000 €/Jahr aus der Rundfunkgebühr. Damit könnten 3 Vollzeitstellen pro Standort für Verwaltung, Technik und Öffentlichkeitsarbeit bezahlt und die technisch erforderliche Infrastruktur auf dem aktuellen Stand gehalten werden.

Zum Vergleich: Die bisherige Förderung beträgt pro Vollzeitveranstaltendem rund 52.000 €/Jahr zzgl. einer Förderung der von uns nicht beeinflussbaren Sender- und Leitungskosten. Mit letzteren werden der Transport der Daten zum Sender und die Abstrahlung auf UKW bezahlt. Aus den 52.000 €/Jahr bestreiten die Veranstaltenden sowohl die Mietkosten für die Studios, die Personalkosten und die technische Ausstattung. Klar, dass damit keine attraktiven Arbeitsbedingungen zu schaffen sind, geschweige denn ein Tariflohn gezahlt werden kann. Auch die Audiotechnik, die zwar die letzten Jahre erheblich günstiger geworden ist, kann nicht zum Nulltarif eingerichtet werden. Außerdem sind die Standorte der Radios in Kreis- und kreisfreien Städten, in denen Räume ebenfalls nicht zum Nulltarif zu haben sind. Um eine Vorstellung zu haben, um welche Summen es hier im Verhältnis geht, sei angeführt, dass lt. Magazin Focus sich die Kosten einer einzigen Folge des Tatorts auf 1,3 bis 1,5 Millionen € belaufen.

Aufgrund der desolaten finanziellen Ausstattung löste die Ankündigung der Landesregierung, eine Änderung des Landesmediengesetzes zu initiieren, bei uns eine große Erwartung aus. Die ist inzwischen großer Ernüchterung gewichen. Trotz vieler guter Worte für die Bedeutung des Bürgerfunks in einer pluralen Gesellschaft und der vielen Ehrenamtlichen, die in den Radios landesweit aktiv sind, ändert sich bei der Frequenzausstattung und der Einordnung in den Pflichtkatalog nichts. Zumindest letzteres wäre nach den vielen Lobreden eigentlich zu erwarten gewesen.

Übrig bleibt die Frage der Finanzierung der Freien Radios. Hier soll es nach dem Willen der Landesregierung eine Verbesserung geben. Zur Finanzierung der Arbeit der Landesanstalt für Kommunikation LfK (zuständig für alle privaten Medien und die Förderung der Medienpädagogik) sind 2 % der auf das Land Baden-Württemberg entfallenden Rundfunkgebühr nach dem Rundfunkstaatsvertrag vorgesehen. Aus diesen Mitteln gibt es hierzulande aber sogenannte Vorwegabzüge der Landesregierung für wichtigen Aufgaben, die aus Rundfunkgebühren finanziert werden sollen. Dazu zählen die Förderung der Medien- und Filmgesellschaft des Landes und die Förderung von besonderen Kulturangeboten, die der SWR durchführt. Nach Abzug dieser beiden Förderungen verbleiben der Landesanstalt für Kommunikation (LfK) derzeit noch 0,98 % aus den Rundfunkgebühren. Von diesen Mitteln stehen derzeit 10 % für die Förderung nichtkommerzieller Veranstalter (das sind die Freien Radios) zur Verfügung.

Künftig, so die neue Planung, soll der SWR aus dem benannten Vorwegabzug zusätzlich 1,3 Mio € abgeben. Diese Mittel fließen der LfK zu und sollen dort für die Förderung der Freien Radios und der Medienpädagogik zusätzlich ausgegeben werden. Damit die Freien Radios auch einen höheren Anteil an der Förderung erhalten können, wird die Deckelung der Förderung mit 10 % gestrichen und die bisherige Kann-Bestimmung durch eine Soll-Bestimmung ersetzt. Diese Soll-Bestimmung gilt aber ebenso für die Förderung der Medienpädagogik. Nach dem erklärten Willen der Gesetzgebenden ist eine Erhöhung der Förderung für die Freien Radios ausdrücklich erwünscht. Sie wird jedoch summenmäßig nicht vorgegeben. Ausführende Behörde für die Förderung ist die oben schon beschriebene LfK, die den Willen der Gesetzgebenden in Förderrichtlinien umzusetzen hat. Eine Vorgabe, wie die Zuordnung für die Medienpädagogik aussehen soll, gibt es ebenfalls nicht.

Bei den Regierungskoalitionen wie im Medienrat der LfK gibt es eine freundliche Grundstimmung zum Ausbau der Förderung. Die Vorschläge der Verwaltung macht jedoch der Präsident der LfK, Thomas Langheinrich. Dieser hat allerdings schon seit Jahren gegen die Freien Radios Vorbehalte. Zwar war er auf einer Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung am 12. Oktober durchaus bereit, den Stellenwert des Bürgerfunks für eine pluralistische Gesellschaft anzuerkennen, fand jedoch eine weitere Qualifizierung der Veranstaltenden dringend geboten, um das Qualitätsniveau der Sendungen und ihre Hörbarkeit zu verbessern. Dazu schlug er eine Arbeitsgruppe vor, die sich zu diesem Zweck zusammensetzt.

Gleichzeitig hält der LfK-Präsident nichts von einer weiteren terrestrischen Ausstrahlung der Freien Radios. Vielmehr machte er das Angebot, die bisher für die Sende- und Leitungsgebühren aufgewendeten Beträge in Höhe von rd. 400.000 € ab 2016 für den Auf- und Ausbau einer rein digitalen (Internet-)Verbreitung zu verwenden und auf einem noch zu schaffenden DAB+-Kanal eine Zusammenfassung der besten Beiträge der Freien Radios auszustrahlen. Wer diese Auswahl treffen soll, wurde nicht vorgestellt.

Auf dieser Geschäftsgrundlage erscheint es nicht sehr stringent, davon auszugehen, dass ein wesentlicher Ausbau der Förderung der Freien Radios erfolgen wird. Da die von der Landesregierung vorgesehene Soll-Bestimmung in gleichem Maße Anwendung auf die Förderung der Medienpädagogik findet, gibt es auch eine günstige Gelegenheit, den Löwenanteil der zusätzlichen Fördermittel diesem Bereich zuzuschieben. Dieser Schachzug würde zugleich die Freien Radios weiter benachteiligen, weil diese im Rahmen einer hausinternen Arbeitsabsprache der LfK keinen Zugang zu den medienpädagogischen Fördermitteln haben. Ein Treppenwitz, weil die Anfragen von Schulen in Zeiten der Ganztagesbetreuung gerade bei den Freien Radios stark zunehmen, dafür aber weder zusätzliche Personal- noch Sachmittel zur Verfügung stehen.

Fazit: Das Versprechen der Koalitionäre, eine ‚Lanze für die Freien Radios zu brechen‘ ist nach derzeitigem Sachstand noch lange nicht erfüllt. Es gibt keine Rechtssicherheit für den Fortbestand der Freien Radios, weil sie vor dem Gesetz weiterhin eine zusätzliche Leistung sind. Und so nur bei frei werdenden Frequenzen, die nicht für andere Bevorrechtigte in der Rundfunklandschaft (i.d.R. privat-kommerzielle Sendende) benötigt werden, berücksichtigt werden können. Damit ist auch eine Verbesserung der Frequenzsituation in weite Ferne gerückt. Stattdessen scheint ein Szenario Gestalt anzunehmen, das den Freien Radios die Grundlage für die terrestrische Empfangbarkeit entzieht. Terrestrisch empfangbar heißt im Auto, am Badesee, im Bad, im Hobbykeller, in der Garage und im Garten. Orte, an denen häufig Radio gehört wird, die aber selten über einen digitalen Anschluss verfügen.

Bei der Finanzierung bleibt abzuwarten, wie die zuständige Behörde die Anliegen des Gesetzgebenden umsetzen wird. Nach allen derzeitigen Voraussetzungen ist nicht damit zu rechnen, dass für die Freien Radios ein namhafter Zuwachs erfolgen wird. Schlechte Rahmenbedingungen also, um Personal endlich anständig und nach Tarif zahlen, um Mietkosten für angemessene Räume und eine dauerhaft funktionierende ausreichende technische Ausstattung finanzieren zu können. Da fragt es sich schon, wozu rund 250 ehrenamtliche Sendende sich in 107 verschiedenen Sendungen, die dafür auch noch einen Eigenbeitrag leisten, sich diese Mühe machen, wenn die praktische Wertschätzung von Behörden und Politik so gering bleibt.

Weitere Informationen zur Änderung des Landesmediengesetzes und den Freien Radios finden Sie hier und hier.

(Artikel erschienen in Modulator 1112|12)