Direkt zum Inhalt
Bild
Header Hochdrucklautsprecher vor Bäumen

Unabhängigkeit gerichtlich bestätigt

Freie Radios organisieren sich selbst. In gemeinsam beschlossenen Statuten legen sie fest, wer bei ihnen senden darf, was dabei zu beachten ist und wie bei Verstößen gegen die Statuten vorgegangen wird. Die Kriterien sind dabei sowohl inhaltlicher wie organisatorischer Natur. Die Statuten müssen schriftlich festgelegt werden, da sie Gegenstand des Lizenzantrags sind und den Entscheider/innen Aufschluss darüber geben sollen, wie die Abläufe des Sendebetriebs geplant und ob ausreichende Kontrollmechanismen vorhanden sind. Über die Einhaltung der Statuten wacht ein von allen sendenden Redaktionen eingesetztes Arbeitsgremium. Im Falle des Freien Radios für Stuttgart ist das das in der Satzung des Vereins als Organ benannte Radioplenum.

Naturgemäß fühlen sich Sendende, die vom Radioplenum eine Maßregelung erfahren, auf den Schlips getreten und versuchen, die Rechtmäßigkeit der Regelung anzuzweifeln. Wortgefechte und Spitzfindigkeiten wechseln sich ab. Da auch nicht immer dieselben Personen beim Radioplenum anwesend sein können, sind auch wechselnde Mehrheitsverhältnisse und Missverständnisse an der Tagesordnung. Nicht selten dauern deshalb Entscheidungen quälend lang und werden öfters hinterfragt. Ist davon eine ganze Radioredaktion betroffen, kann das Erschütterungen bis zur Infragestellung des Senders nach sich ziehen.

Nützt alle Eingabe und Beeinflussung anderer Redaktionen nichts und eine Entscheidung wird von mehreren Plena bestätigt, beginnt ein neues Spiel. Es gibt ja noch die Aufsichtsbehörde. Die hat ja von dem ganzen Mikrokosmos keine Ahnung und kann bei nachgewiesener Seriosität der Redaktion ja ebenfalls regelnd eingreifen und der Redaktion nach eingehender Prüfung wieder zu ihrem Sendeplatz verhelfen. Vor Jahren dachten sich dies auch einige nicht ganz einflusslose Personen in Karlsruhe, als sie nach einem quälenden Prozess wegen Sexismus und Homophobie in ihren Sendungen vom Sendebetrieb ausgeschlossen wurden.

Die Aufsichtsbehörde nahm sich daraufhin die Statuten vor und befand, dass bei der Abstimmung zu wenige Personen anwesend waren, dass das Radio einseitig über den Sachverhalt berichtet hätte, dass Anhörungsrechte verletzt wurden und dass überhaupt die Statuten dringend nach dem demokratischen Verständnis der Aufsichtsbehörde zu ändern seien. Der Widerspruch gegen diese Verwaltungsanordnung hatte naturgemäß keinen Erfolg, da er von denselben Personen entschieden wurde, die auch für die ursprüngliche Entscheidung verantwortlich waren.

Im anschließenden verwaltungsrechtlichen Verfahren wurde jetzt nach 4 Jahren Ungewissheit entschieden, dass die Behörde kein Recht hat, in das Selbstbestimmungsrecht der Radios direktiv einzugreifen, wenn sie die Statuten nicht bereits im Rahmen des Lizenzierungsverfahrens bemängelt hat. Das Selbstorganisationsrecht freier Radios ist damit entscheidend gestärkt worden. Die getroffenen Maßregelungen musste von der Aufsichtsbehörde zurückgenommen werden.

Der Vorstand des Fördervereins