Direkt zum Inhalt
Bild
Header Hochdrucklautsprecher vor Bäumen

Keine Frau sollte Gewalt erfahren!

INMAGAZIN - Interkultur in Stuttgart, Mai 2023

Allrounderin Angélica Cruz Aguilar 
„Keine Frau sollte Gewalt erfahren!“ 
Journalistin, Fotografin, Regisseurin, Leitung einer Radiosendung als auch feministische Aktivistin: Mexikanerin Angélica Cruz Aguilar, die seit 2012 in Deutschland lebt, ist eine echte Allrounderin. Ihr Film Vivas, der sich mit Frauenmorden in Mexiko befasst, wird im Mai im Rahmen der beiden Filmfestivals CineLatino und Through her Eyes – Filmtage zu Frauen\rechten zu sehen sein.

Von Tatjana Eberhardt

„Von Klein auf war es mein Traum, das Handwerk des Schreibens zu beherrschen, in einer Redaktion zu arbeiten, zu verschiedensten Themen zu recherchieren, als Reporterin und Fotografin auf die Straße zu gehen und auch im Radio die Moderation und Produktion zu übernehmen“, erzählt Angélica Cruz Aguilar aus Stuttgart, die in Mexiko-Stadt geboren und aufgewachsen und im Jahr 2012 nach Deutschland ausgewandert ist. „Aber auch für Kunst und Kultur hatte ich eine große Leidenschaft entwickelt. In der Highschool besuchte ich Workshops in den Bereichen Medien, audiovisuelle Medien und Film. Ich wusste schnell, ich möchte mein Interesse an Literatur, Medien, Kunst und Kultur vertiefen und miteinander verbinden.“ In Mexiko-Stadt entschloss sie sich daher dazu, ein Studium in Journalismus und Kommunikation zu absolvieren. „Ich arbeitete im Anschluss als Reporterin, Fotografin und im Bereich Videoschnitt in verschiedenen Medienhäusern. Endlich konnte ich meinen Traum leben!“

Hinzukommt, dass Angélica Cruz Aguilar seit ihrer Kindheit mit Werken deutscher Autor_innen in Kontakt kam. „Meine Mutter hatte eine Vielzahl solcher Werke über die Jahre angesammelt. Dieser Umstand weckte mein Interesse an Deutschland und der deutschen Sprache. So kam es, dass ich im Jahr 2012 nach Deutschland reiste, um dort zu studieren und um die Sprache zu lernen“, erzählt die Journalistin. An der Eberhard Karls Universität Tübingen studierte sie den Master-Studiengang Medienwissenschaften, im Profil Produktion und Analyse. Für ihre Abschlussarbeit im Bereich Audiovisuelle Medien produzierte sie eine zutiefst ergreifende Dokumentation namens Vivas. In dieser wird dargestellt, welche Dimensionen die feministische Welle in Lateinamerika angesichts der in der Region herrschenden Gewalt gegen Frauen angenommen hat – die erschütternde Realität der dort stattfindenden Frauenmorde, den Femiziden. Ihren Anfang nahm die feminis tische Bewegung im Jahr 2015 in Argentinien. Demonstrationen nahmen immer größere Ausmaße an und breiteten sich von Süden bis Norden über den Kontinent aus.

Den Fokus im Film Vivas legt Angélica Cruz Aguilar auf Mexiko. „Dort werden nach offiziellen Angaben täglich elf Frauen aus geschlechtsspezifischen Motiven ermordet. Beispielsweise die zwölfjährige Fátima, die auf dem Heimweg von der Schule von Nachbarn abgefangen, misshandelt und ermordet wurde. Oder die dreizehnjährige Renata, die vom Ex-Partner ihrer Mutter in ihrem eigenen Zuhause getötet wurde. Die Mütter der beiden engagieren sich seitdem in feministischen Bewegungen und kämpfen für Gerechtigkeit und ihr Recht, zu überleben und ein Leben ohne Gewalt zu führen. Ich begleite die Frauen und zeige das Erstarken feministischer Bewegungen auch in anderen Ländern Lateinamerikas sowie in Spanien“, sagt die Regisseurin, die den Film eigenständig produzierte und finanzierte, das Equipment stellte ihr das Zentrum für Medienkompetenz der Uni Tübingen zur Verfügung. „Es ist mir als Frau und Aktivistin wichtig, mit dem Film Menschen für die Themen Feminismus und Femizide zu sensibilisieren – denn überall auf der Welt werden Frauen Opfer von Gewalttaten.“ Sie betont: „Keine Frau sollte Gewalt erfahren!“

Der Film VIVAS feierte am 24. Juni 2022 Premiere beim SWR Doku Festival in Stuttgart und wurde seither mehrfach gezeigt. Unter anderem kann man den Film am 7. Mai um 15 Uhr im Rahmen des Filmfestivals CineLatino im Stuttgarter Delphi Arthaus Kino sehen. Zudem wird er am 12. Mai um 18.30 Uhr bei Through her Eyes – Filmtage zu Frauen*rechten im Arthauskino Atelier am Bollwerk präsentiert. Die Altersbeschränkung liegt bei zwölf Jahren. Die Allrounderin hat sich neben Journalismus und Film ein weiteres Standbein mit interkulturellem Mehrwert aufgebaut: „Im August 2020 gründete ich die Redaktion Radio Hispanohablante beim Freien Radio für Stuttgart auf 99,2 fm in der Region plus Livestream“, sagt Angélica Cruz Aguilar. „Wir sind eine Redaktion mit Journalist innen und Kommunikator*innen aus Mexiko und mit Kooperationen in Lateinamerika, sowie der Unterstützung eines deutschen Redakteurs und unseres Korrespondenten in Mexiko-Stadt. Unsere Hauptthemen sind Migration, Integration, soziale Gerechtigkeit, Feminismus, Menschenrechte, Gespräche und Interviews mit Spanischsprachigen in Deutschland und Europa, Kunst und Kultur, Musik und gute Laune. Unser Slogan lautet: Radio Hispanohablante, die spanische Stimme in Deutschland und Europa.“ Die Radiosendung läuft immer donnerstags von 14 bis 15 Uhr. Ein Podcast, der bereits über 100 Episoden beinhaltet und weltweit auf verschiedenen Plattformen zu hören ist, wird im Anschluss online gestellt. „Das Gefühl von Heimat bleibt immer“, ergänzt Angélica. „Ich vermisse Mexiko-City und meine Familie sehr. Daher liegt es mir am Herzen, weiterhin die lateinamerikanische und insbesondere die spanischsprachige Community zu unterstützen.“

Downloads