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17.01.2017 09:00 Uhr Morgenlatte – Theoriegewichse vom Feinsten (eingestellt)

" »Es kommt darauf an, Marx nicht mit den Augen des ökonomischen Fachmanns zu sehen, sondern mit denen eines Menschen, der weiß, daß er in der verkehrten Gesellschaft lebt und die richtige Gesellschaft will.« (Max Horkheimer) In der letzten Veranstaltung in diesem Semester wollen wir uns vom Spezifischen wieder in grundlegendere Gefilde wagen und uns der Kritik der politischen Ökonomie von Karl Marx zuwenden. Dieser wacht in einem halbtoten Zustand über universitärer und linker Beschäftigung mit Gesellschaft. In dieser Funktion wird er im aktuell-wissenschaftlichen​ „Heißen Scheiß “ gerne als Stichwortgeber genutzt, zitiert oder herangezogen (siehe Bourdieu, Gramsci, Negri/Hardt), wird als einer der „großen Deutschen“ eingemeindet (in der Sendereihe des ZDF, das ihn als einen der „wirkungsvollsten Bestsellerautoren der Weltgeschichte“ und Verkünder einer „Ersatzreligion“ darstellt) und in den Sozialwissenschaften als „Klassiker“ gelehrt. All diesen Interpretationsansätzen gemein ist das Entfernen des Stachels der Kritik, der Zurichtung der Marxschen Theorie nach den jeweiligen Erfordernissen. Zudem gilt Marx dabei gleichzeitig als überholt, schreibt angeblich irgendwas über den Kommunismus und Revolution „und wir haben ja gesehen, wie das immer geendet und nie funktioniert hat“. Über Marx wird also viel geredet, sein Werk aber viel zu wenig gelesen. Statt zum x-ten mal zu versuchen, das »Kapital« entweder als Bastelanleitung für den Sozialismus zu verklären oder es als dringend ergänzungsbedürfte Theorie aus dem 19. Jahrhundert zu behandeln (was jeweils hinter Marx zurückfällt), wollen wir Lust auf die Lektüre machen, die Auseinandersetzung mit Marxens Werk ins Zentrum stellen. Einleitend dafür ist dieser Vortrag gedacht, in dem es aus einer grundlegenden Überlegung in die Materie gehen soll. Der Frage zu folgen, was es heißt, dass Marx nicht bloß die Machenschaften der Reichen und Mächtigen, sondern die bürgerliche Gesellschaft als Ganze kritikwürdig erschien, und warum er zu deren Abschaffung es notwendig sah, nicht bloß revolutionäre Appelle zu verfassen, sondern ganze Wälzer darüber, was überhaupt ›Ware‹, ›Wert‹, ›Kapital‹ ist. Warum also die Erklärung der Gesellschaft zugleich ihre Kritik bedeutet – und was das im einzelnen heißt (und vor allem: was nicht). Diese Fragen sind ebenso wie das Marx’sche Werk immer noch aktuell – auch in der T-Stube. Egal ob Leute Yuppies aus der T-Stube schmeissen wollen, Nestle-Produkte für zu kapitalistisch halten oder wie die aktuelle Protestbewegung in Olaf Scholz den Bildungsmörder gefunden hat, den sie auf Steckbriefen und T-Shirts ausstellt – wäre Marx verstanden worden, wären uns diese Dinge erspart geblieben."

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