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Klage eingereicht - Freies Radio will ganze Frequenz

PRESSEMITTEILUNG des FRS, 28.4.2004

Nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens, das wie erwartet keine neuen Fakten in Sachen Frequenz geschaffen und die vorhandenen Widersprüche im Lizenzverfahren um die Frequenz 99,2 MHz nicht aufgelöst hat, hat das Freie Radio für Stuttgart am 26. April 2004 beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage eingereicht. Die Frequenz 99,2 MHz UKW wurde im März 2003 für einen nichtkommerziellen Bewerbenden ausgeschrieben. Zum Bewerbungsschluss am 06. Juni 2003 hatten sich insgesamt 5 Organisationen um die Frequenz beworben. Nur 2 der Bewerbenden legten ein Konzept für ein Vollprogramm vor. Einer wurde bei der Frequenzvergabe nicht berücksichtigt, der zweite ist das Freie Radio für Stuttgart. In der Auswahlentscheidung hat sich die Landesanstalt für Kommunikation für ein Frequenzsplitting unter 3 Bewerbenden entschieden: 2 Stunden erhält der Bewerber Athanasios Baboulis mit seinem Radio Kormista, 32 Stunden der HoRadS e.V. in Gründung und den Rest das Freie Radio für Stuttgart.

"Diese Entscheidung ist juristisch unter falschen Voraussetzungen gefallen", so Vorstandsmitglied Anna Schmidt-Oehm. "Unter allen Bewerbenden ist in der Entscheidung der Landesanstalt für Kommunikation (LfK) klar hervorgehoben worden, dass das Freie Radio für Stuttgart für die Zugangsoffenheit und die Gewährleistung von Meinungsvielfalt die klar beste Bewerbung abgegeben hat." Trotzdem hat der HoRadS e.V. in Gründung insgesamt 32 Stunden Sendezeit erhalten. Darunter auch Sendezeiten, für die er zumindest bis zum Ende der Ausschlussfrist für die Bewerbung gar keinen Antrag auf Zuteilung gestellt hatte. Die Zuteilung wurde erst nachträglich auf dem Aushandlungsweg zwischen HoRadS e.V. in Gründung und der LfK einseitig abgesprochen.

Vorausgegangen war ein von der LfK moderiertes Verhandlungsgespräch, bei dem das Freie Radio für Stuttgart vor die Alternative gestellt worden war, entweder einen ‚freiwilligen' Kooperationsvertrag, der sendezeittechnisch von der LfK und dem HoRadS e.V. in Gründung bereits festgezurrt worden war, zu akzeptieren oder einen Teil seiner bisherigen Sendezeit einzubüßen. "Die radiomachenden 50 Redaktionen und der Vorstand, die alle ehrenamtlich das Projekt Freies Radio betreiben, hätten dazu ‚freiwillig' bestehende Sendezeiten abgeben müssen", so Vorstandsmitglied Jörg Munder. "Dazu war natürlich erst einmal niemand bereit. Nachdem wir als einzige der in Frage kommenden Bewerbenden einen Antrag auf ein Vollprogramm gestellt hatten, wäre es wohl zu erwarten gewesen, dass sich der Bewerber HoRadS e.V. in Gründung zuerst mit uns in Verbindung setzt, bevor mit Hilfe der Entscheidungsbehörde Vorschläge ausgearbeitet werden, zu denen es keine Alternative gibt." Die Radiomachenden und der Vorstand haben diesen Angriff auf die Entscheidungs- und Diskussionsfreiheit deshalb zurückgewiesen.

In Abweichung vom bestehenden Antrag des bewerbenden HoRadS e.V. in Gründung hat daraufhin die LfK in Absprache mit dem HoRadS e.V. in Gründung Sendezeitfenster festgelegt, die mit insgesamt 14 Stunden über das hinausgehen, was von HoRadS e.V. in Gründung ursprünglich beantragt worden war. Die Entscheidung wird vom Freien Radio für Stuttgart deshalb als rechtswidrig angesehen.

Außerdem müssen die Bewerbenden in einem Finanzplan nachweisen, dass sie in der Lage sind, den Sender auch finanzieren zu können. Zugelassen bei der Finanzplanung war die Kalkulation von Zuschussmitteln der LfK, die sendezeitbezogen für nichtkommerzielle Lizenznehmende zur Verfügung stehen. Unter der Voraussetzung eines Vollprogramms, wie es in der ersten Lizenzperiode zugeteilt war, hätte der bestehende Finanzrahmen ausgereicht, um das Freie Radio für Stuttgart zu finanzieren. "Mit der jetzt getroffenen Lizenzentscheidung verliert das Freie Radio für Stuttgart jährlich 7.200 € Zuschüsse" so Schatzmeisterin Birgit Breuning. "Damit ist auf der Basis der momentanen Finanzplanung das Freie Radio für Stuttgart nicht mehr finanzierbar". Bis zum Jahresende müssten für die Weiterfinanzierung des Vereins mindestens zusätzlich 150 zahlende Vereinsmitglieder gefunden werden oder es müssten großzügige Spendenmittel eingeworben werden können. Die Schnellakquise von 150 neuen Vereinsmitgliedern ist bei einem fast ausschließlich ehrenamtlich betriebenen Projekt, das bereits erhebliche Arbeit kostet und damit auch Zeitressourcen verschlingt, eine nicht schaffbare Hürde.

"Bei der Lizenzentscheidung hätte die LfK neben der Prüfung der inhaltlichen Eignung auch die Finanzierbarkeit des Projekts prüfen müssen. Das ist offensichtlich nicht geschehen", so Breuning weiter. Zwar wurden zwischen der Frequenzausschreibung und der Lizenzentscheidung die Förderrichtlinien der LfK dahingehend geändert, dass nichtkommerzielle Lizenznehmende, die ‚infrastrukturelle Nachteile' haben, eine zusätzliche Förderung erfahren können. Das Freie Radio für Stuttgart sieht sich jedoch nicht unter diesen Begriff subsummierbar. Die nicht berücksichtigte finanzielle Auswirkung macht den Bescheid deshalb ebenfalls rechtswidrig.

Nicht einverstanden ist das Freie Radio für Stuttgart auch mit der Tatsache, dass es sich bei HoRadS e.V. in Gründung zu großen Teilen um ein Ausbildungsradio handelt, das von der Hochschule der Medien betrieben wird. Zwar sind neben der Hochschule der Medien (HdM) auch noch die Universität Stuttgart, die Staatliche Hochschule für Musik und darstellende Kunst und der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband, Landesverband Baden-Württemberg e.V. Mitglied von HoRadS e.V. in Gründung. Bestimmend auch in der technischen Umsetzung und der Sendebegleitung ist jedoch die Hochschule der Medien. Das Projekt wird auch inhaltlich durch die für Medienarbeit zuständigen Professor/innen der HdM begleitet und betreut. HoRadS wurde einfach in das bereits bestehende Campusradio der HdM integriert. Für die Beteiligung am Campusradio können in insgesamt 4 Workshops Scheine erworben werden, die für das Studium anerkannt werden. Damit handelt es sich bei HoRadS mehrheitlich um ein Lernradio und eben keinen nichtkommerziellen Lizenznehmenden, wie der Antrag von HoRadS e.V. in Gründung behauptet.

Die Frequenz 99,2 MHz war aber zu 100 % für eine nichtkommerzielle Lizenz im Sinne des Landesmediengesetzes ausgeschrieben worden. Bei der Bewertung der Bewerbenden wurde diese Frage aber nicht erörtert, sondern lediglich die Frage nach Meinungsvielfalt und Zugangsoffenheit abgeprüft. Dass Lernradios per se Meinungsvielfalt darstellen können müssen, bedarf keiner weiteren Erörterung. Durch die Aufnahme der 3 weiteren Organisationen in den HoRadS e.V. in Gründung hat man sich dann schnell noch den Mantel der zumindest teilweisen Zugangsoffenheit umgehängt. So wurden die Kriterien für den Zugang als nichtkommerzieller Lizenznehmender schnell geschaffen, ohne dass die Frage des Lernradios in der Prüfung mit eingebracht werden musste. Die Bewertung der Anträge wurde deshalb nicht unter allen vom Landesmediengesetz vorgeschriebenen Gesichtspunkten gewürdigt und ist nach Auffassung des Freien Radios für Stuttgart auch hier rechtswidrig.

Diese Tatbestände waren für das Freie Radio für Stuttgart so schwerwiegend, dass eine gerichtliche Klärung unerlässlich wurde.