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25.10.2018 18:00 Uhr Inforedaktion: AG Weiße Fabrik

Hinweis: Weitere Sendung war am 18.10.18 Inhalt: Das Klinikum Stuttgart soll eine Anstalt des öffentlichen Rechts werden. Geplant war, dass der Krankenhausausschuss des Gemeinderats am 12.10. darüber berät. Nächste Woche soll der Gemeinderat beschließen. Text des Beitrags findet sich am 18.10.18.

Die heutige Sendung:
Silvester in den Krankenhäusern Deutschlands
Am 22. Oktober 2018 wäre das vorhandene Personal aufgebraucht gewesen

In den Krankenhäusern wurde Silvester vorverlegt. Für 2018 wäre das vorhandene Personal bereits am 22. Oktober aufgebraucht, wenn die Schichten so besetzt würden, wie es für eine sichere Versorgung der Patientinnen und Patienten notwendig wäre.
Das hat die Gewerkschaft Verdi auf Grundlage einer Befragung errechnet, an der sich bundesweit rund 600 Stationsteams beteiligten.
„Zwischen dem 23. Oktober und dem 31. Dezember bricht die Versorgung in den Krankenhäusern nur deshalb nicht zusammen, weil Pflegekräfte regelmäßig über ihre Grenzen gehen, um Patienten und ihr Team nicht im Stich zu lassen“, sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler am Montag in einer Mitteilung. „Das ist ein Skandal, auf den die Beschäftigten an diesem Tag bundesweit hinweisen.“
Hingewiesen wird allerdings auf das fehlende Personal in den Krankenhäusern schon lange. Und ernsthaft wird dieser Notstand von kaum jemandem angezweifelt.
Zwar hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eine ganze Reihe von Initiativen gestartet, nach Auffassung von Verdi gehen diese allerdings nicht weit genug – und teilweise sogar in die falsche Richtung. So legte der Minister zwar Untergrenzen für das Pflegepersonal fest, beschränkte diese aber auf nur vier „pflegesensitive“ Bereiche. Unmittelbar vor Veröffentlichung der Verordnung Anfang Oktober wurden die Vorgaben auf Druck der Klinikbetreiber noch einmal verschlechtert: Pflegekräfte auf Intensivstationen sollen tagsüber und nachts nun nicht mehr für maximal zwei bzw. drei Patienten zuständig sein, sondern für 2,5 und 3,5. Damit werden Empfehlungen von Fachgesellschaften unterlaufen. In Geriatrie, Unfallchirurgie und Kardiologie soll eine Pflegekraft nachts sogar 20 bzw. 24 Patienten versorgen. „Das ist staatlich legitimierter Pflegenotstand“, kritisierte Bühler in einem Kommentar.

Also rief die Gewerkschaft zu einer Aktionsnacht und einem Aktionstag.
In manchen Krankenhäusern wurde der vorgezogene Jahreswechsel mit einer Aktionsnacht auf den Stationen begangen.
Am „Neujahrstag“ sind Beschäftigte in vielen Krankenhäusern nicht außerplanmässig eingesprungen.
Ob durch solche symbolische Aktionen am Problem des Notstands etwas geändert werden kann, ist aber mehr als zweifelhaft.
Hinzu kommt das Problem, dass viele, oft auch von Ver.di dominierte Personalvertretungen, bereits Dienstvereinbarungen abgeschlossen haben, durch die einzelne Pflegekräfte, die sich besonders leistungswillig zeigen, vom Notstand profitieren – eine Art neues Leistungsentgelt. Wir berichteten darüber ausführlich am 30. August 2018. Nachzulesen unter www.freies-radio.de; Programmübersicht, 30.08. und die Inforedaktion anklicken.
Im Klinikum Stuttgart wird z.B. die Bereitschaft an einem freien Tag, zu einer bestimmten Zeit, für eine Stunde telefonisch erreichbar zu sein und bei Bedarf in der folgenden Schicht einzuspringen, bezahlt. Kommt es zur Arbeitsaufnahme wird die Arbeitszeit faktorisiert, d.h. es werden mehr Stunden angerechnet als tatsächlich gearbeitet wurden.
Dies erweist sich sowohl grundsätzlich als auch für den Einzelfall als höchst problematisch. Gedacht um kurzfristige Ausfälle kompensieren zu können, werden die Kolleginnen und Kollegen, die sich zur Anrufbereitschaft eingetragen haben, häufig schon vorher gefragt, wenn absehbar ist, dass wieder einmal eine Schicht zu schlecht besetzt ist. Nein sagen ist dann wirklich schwierig, denn man hat sich ja schon dazu bereit erklärt sogar kurzfristig einspringen zu können. Wer dann aber schon vorher bereit ist an diesem Tag zu kommen, bekommt weder die Anrufbereitschaft vergütet, denn die fällt ja dann weg, noch die Faktorisierung der Arbeitszeit angerechnet, denn die gibt es ja nur beim kurzfristigen Einspringen.
Solche Vereinbarungen sind aber auch aus einem ganz anderen, einem grundsätzlichen Punkt problematisch:
Sie dokumentieren, dass derzeit auch viele Personalvertretungen das Problem des Personalnotstands nicht mehr mit möglichst allen Kolleginnen und Kollegen angehen und anprangern wollen und mit Aktionen und Arbeitskampfmaßnahmen dagegen vorgehen wollen, sondern sich soweit arrangiert haben, dass es schon als Erfolg gilt, wenn wenigstens einige Pflegekräfte ein bißchen von den eingesparten Stellen profitieren.
Selbst eine symbolische Aktion, wie die von Ver.di am „Neujahrstag“, an diesem Tag eben nicht einzuspringen, wird dadurch konterkariert.

Andres geht es auch:
In manchen Krankenhäusern versuchten versuchen Beschäftigte ihre Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge zu verbessern.
Am 20.März 2018 erreichten die Universitätsklinika Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm einen Tarifvertrag über die Entlastung und Stärkung des Pflegepersonals. Die Belegschaften der Unikliniken Düsseldorf, Essen und Homburg haben so im September unter anderem Neueinstellungen erzwungen. Das will Verdi nun auch im Klinikum Augsburg erreichen, wo bis Ende Oktober die Urabstimmung über einen Erzwingungsstreik für Entlastung läuft.
Die bislang durch diese Tarifverträge erreichte Entlastung ist allerdings auch bei weitem nicht ausreichend. Immerhin war es aber der richtige Schritt über Mobilisierung, Aktionen und Streiktage zu versuchen Verbesserungen für alle Beteiligten zu erreichen.
Die Auseinandersetzungen werden weitergehen – ob im alten oder neuen Jahr.

Klinikum Stuttgart wird Anstalt des öffentlichen Rechts

Heute ab 16:30 Uhr fand bzw. findet immer noch die Gemeinderatssitzung statt. Tagesordnungspunkt 1: Klinikum Stuttgart. Umwandlung des Eigenbetriebs in eine gemeinnützige Anstalt öffentlichen Rechts.
Wir wissen noch nicht, wie die Abstimmung ausgegangen ist. Alles andere als ein Beschluss der konservative Gemeinderatsmehrheit für die Anstalt wäre eine Wunder. Wir berichteten ausführlich vor einer Woche. Nachzulesen unter www.freies-radio.de; Programmübersicht, 18.10. und die Inforedaktion anklicken.
Nach einem halben Jahr Verhandlungen zwischen Personalrat und Bürgermeister Föll (CDU), später nahm auch Ver.di daran teil, über die die Beschäftigten gar nicht informiert wurden, sondern erst auf der Personalversammlung am 17.07. vor die vollendeten Tatsachen gestellt wurden, war klar, dass die Anstalt kommt. Trotz aller Nachteile für die Beschäftigten, die betriebliche Mitbestimmung, die Rechte des Gemeinderats und der Bürgerinnen und Bürger tragen Personalrat und Ver.di die Anstalt mit, stehen der Rechtsformänderung „positiv gegenüber“ (so der PR Vorsitzende Lux am 12.10. in Stuttgarter Zeitung und Nachrichten online) und werden, so verpflichten sie sich im geschlossenen Vertrag „... die Umwandlung konstruktiv begleiten.“
Einzig die Parteien SÖS/Linke plus und die SPD stimmten am 12.10. im Krankenhausausschuss dagegen und bewiesen damit, dass sie derzeit die Einzigen sind, die sich für eine demokratische, öffentliche Kontrolle des Klinikums und damit für die Interessen der Beschäftigten einsetzen.
Wenn entsprechend abgestimmt wurde im Gemeinderat, sind ab 1.1.2019 alle im Klinikum dann keine städtischen Beschäftigten mehr.

Eine Ausgabe der Sendung Inforedaktion: AG Weiße Fabrik.

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