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31.01.2019 18:00 Uhr Inforedaktion: AG Weiße Fabrik

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Zum Film „Der marktgerechte Patient“

Eine Fabrik namens Krankenhaus – die Weisse Fabrik -
(oder warum die AG Weisse Fabrik seit 1988 so heißt...)

Deutsche Krankenhäuser sind durchkommerzialisierte Fabriken. Ursache dafür ist das Vergütungssystem der „Fallpauschalen“, das jedem Leiden einen Marktwert zuweist – das ist die Kernthese des Films „Der marktgerechte Patient“ von Leslie Franke und Herdolor Lorenz.
„Das Geld ist immer im Hintergrund aller Entscheidungen: Man tut etwas, um mehr Erlöse, mehr Einnahmen für das Krankenhaus zu generieren. Das Krankenhaus wird geführt wie eine Fabrik: Maximaler Output, minimaler Aufwand – und der Patient wird zum Werkstück“, so ein Anästhesie-Arzt einer Münchner Klinik im Film.
Ausgebranntes Pflegepersonal, ausgebrannte Ärztinnen und Ärzte, lange Wartezeiten in den Notaufnahmen, dem Stress geschuldete Behandlungsfehler: All dies wird seit langem vielfach beschrieben.
Die wesentliche Ursache für die „kompromisslose Ökonomisierung“, für die „Krankenhausfabrik“ ist das System der Fallpauschalen, so die Filmemacher. „Wer mit möglichst geringen Kosten den Patienten schnell abfertigt, macht Gewinne; wer sich auf die Patienten einlässt, macht Verluste.“
Die Fallpauschalen teilen die Patienten in gute und schlechte Kunden.
Bis in die 90er Jahre waren die Krankenhäuser noch nicht der Logik des Marktes unterworfen.
Dann wurde von der „Kostenexplosion im Gesundheitswesen“ gesprochen, die es so freilich nicht gab: „Ich behaupte, dass es keine Kostenexplosion im Gesundheitswesen gibt, und dass es auch noch nie eine gegeben hat. Die Ausgaben für das Gesundheitssystem sind in unserem Land seit Jahrzehnten konstant. Sie betragen 10 bis 12 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.“, so der Chirurg und Sachbuchautor Dr. Hontschik bereits 2013. Bei der Umwandlung des Gesundheitssystems ist es um etwas anderes gegangen. Man wollte einen Wirtschaftszweig schaffen, in den man investieren kann um eine Rendite zu erwirtschaften.
Dies belegen auch, die von wikipedia veröffentlichten Zahlen:
1991 gab es ca. 350 private Krankenhäuser – 2015 ca 700.
1991 gab es ca. 1100 öffentliche Häuser – 2015 noch ca. 580.
Die Zahl der gemeinnützigen Krankenhäuser in freier Trägerschaft fiel von ca 1000 auf ca. 700.
Für die privaten Krankenhäuser sind die Fallpauschalen wie geschaffen. Sie spezialisieren sich auf besonders rentable Behandlungen, häufig auf bestimmte Operationen. Die öffentlichen Häuser dagegen müssen dagegen auch die Regel- und Notfallversorgung gewährleisten.
„So betrachte, ist der Umbau des Krankenhauswesens letztlich nur ein Stein im großen Mosaik der neoliberalen Umgestaltung, der marktkonformen Zurichtung der Gesellschaft durch Privatisierung von Lebensbereichen, die einst als wichtig fürs Gemeinwohl galten und deshalb der kapitalistischen Logik entzogen waren: von der Müllentsorgung über die Telekommunikation bis zu Autobahnbau und Bahnverkehr.“ (Rems-Murr Rundschau vom 2.11.2018)
Der Film wird voraussichtlich auch im Klinikum zu sehen sein. Im internet finden sich zum Film weitere Informationen unter www.der-marktgerechte-patient.org
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Krieg nach innen, Krieg nach außen:
Die Intellektuellen als Stütze der Gesellschaft?
So das Motto des Psychologiekongress der NGfP vom 7. bis 9. März in Berlin
Die Neue Gesellschaft für Psychologie e.V. ist ein Zusammenschluss von WissenschaftlerInnen und PraktikerInnen aus der Psychologie und deren Nachbarprofessionen. Ihr gemeinsames Ziel ist die methoden- und gesellschaftskritische Auseinandersetzung mit psychologischen Themen. Zu diesem Zweck bemüht sich die NGfP um eine fächerübergreifende Zusammenarbeit sowie um die Überwindung der Spaltung von Wissenschaft und Praxis.
Das folgende, leicht gekürzte, Interview mit Klaus-Jürgen Bruder, Dozent im Wissenschaftsbereich Psychologie der Freien Universität Berlin und im Vorstand der NGfP, erschien in der Tageszeitung „Junge Welt“ vom 15.Januar 2019:

Wie kamen Sie auf dieses Thema?
Es ist ungeheuerlich, was alles passiert: nach außen die Aufrüstung, die Inszenierung der Kriege, und nach innen die Attacken im sozialen Bereich, bei Renten und Löhnen, aber auch die Verschärfung von Polizei- oder Psychiatriegesetzen oder die Zumutungen in der Krankenversorgung. Gleichzeitig tun Intellektuelle jeder Profession – seien es Juristen, Psychologen, Mediziner und auch im Medienbereich – so, als sei nichts. In diesem kritisch gemeinten Sinne sind sie Stützen dieser Gesellschaft. (...)

»Krieg nach außen« meint die deutsche Beteiligung an Kriegseinsätzen und ausufernde Waffenexporte. Seit Jahren ist zu hören, Deutschland solle »mehr Verantwortung« übernehmen. Welche Strategie verbirgt sich hinter diesem Mantra?
Dieses Schlagwort haben wir bereits vor einigen Jahren bei einem unserer Kongresse analysiert. Die Parole, Deutschland solle »mehr Verantwortung« übernehmen, ist nach dem typischen »Orwellschen« Muster gestrickt: Die Verantwortungslosigkeit wird Verantwortung genannt. Gemeint ist eine Politik des militärischen Engagements, die zugleich als Verteidigung umdefiniert wird. Darauf zielen die Aufrüstung der Bundeswehr, die grundgesetzwidrigen Rüstungsexporte und auch die Propagierung einer EU-Armee. Mit dieser Verkehrung der Verantwortungslosigkeit wird die überrumpelte Bevölkerung zum Tölpel gemacht.

Die Kehrseite ist der »Krieg nach innen«. Was genau meinen Sie damit?
Die Bedeutung entspricht dem, was der Unternehmer Warren Buffett vor inzwischen 15 Jahren mit »Class warfare« bezeichnet hatte. Die Liste ist lang: von den Hartz-IV-Gesetzen, dem Sozialabbau, über die Zerstörung der Infrastruktur etwa durch Privatisierungen von Eisenbahn, Krankenhäusern, Bildungseinrichtungen, Wohnungsgesellschaften, bis hin zur Massenarbeitslosigkeit. All diese Machenschaften werden von einer ideologischen Weichspülung – »psychologische Kriegführung« müsste man das nennen – begleitet. Daher ist die Bezeichnung als Krieg sehr zutreffend.

Auf die Rolle der Intellektuellen wird im Kongresstitel wohl eher ironisch Bezug genommen. Die Mehrheit hat sich der Agenda der Herrschenden längst untergeordnet, oder?
Das kann man so sagen! Interessant ist dabei, dass viele Intellektuelle gleichzeitig den Eindruck erwecken, als »Gewissen der Nation« zu sprechen. Sie entdecken plötzlich ihre Aufgabe als Kritiker vom Dienst, wenn sie Regierungen anderer Staaten in den Blick nehmen – bevorzugt solche, die sich nicht den Vertretern der »westlichen Wertegemeinschaft« unterordnen: Russland, China, Kuba et cetera. Sie bedienen sich einer schamlos asymmetrischen Beurteilungsweise, wenn sie plötzlich den Balken, den sie im eigenen Auge ungerührt mit sich herumtragen, im Auge der anderen zu sehen vermuten.
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Psychotherapeutenverbände schlagen Allarm
Protest gegen das geplante „Terminservice-und Versorgungsgesetz“ (TSVG)

Rund 200.000 Menschen haben binnen kurzer Zeit per Petition ihren Protest gegen das sogenannte Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zum Ausdruck gebracht. Mit Hilfe des Gesetzes solle gewährleistet werden, dass psychisch erkrankten Menschen schneller eine Behandlung zuteil wird. Das jedenfalls behauptet Spahn – aber kaum einer nimmt es ihm ab. Seine Kritiker warnen vor dem genau gegenteiligen Effekt: Demnach drohten Bedürftige in einer Vielzahl von Fällen um einen Therapieplatz gebracht zu werden. Das Projekt diene damit in Wahrheit nicht der Beschleunigung der Verfahren, sondern der Rationierung notwendiger Leistungen.
Am 14. Januar haben die Gegner des Gesetzentwurfs ihre Einwände in öffentlicher Sitzung im Petitionsausschuss des Bundestags vorgebracht. Ausgegangen war die Petition von den drei Psychotherapeutenverbänden BVVP, DPTV und VAKJP. Vordringlichstes Ziel der Organisationen ist eine optimale Versorgung psychisch Erkrankter, wozu es aus ihrer Sicht Tausender zusätzlicher von den Krankenkassen zugelassener Therapeuten bedarf.
Spahns Sicht ist das nicht. »Keiner weiß so genau, warum sich der Minister gegen die Schaffung von mehr Kassenplätzen sperrt, aber er macht es nun einmal«, sagte dazu am Dienstag Ursula-Anne Ochel, Sprecherin der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung (DPTV). Dass er die Gesetzliche Krankenversicherung vor Kosten bewahren wolle, sei zwar eine mögliche Erklärung. Allerdings wäre das »ein ziemlich kurzsichtiges Kalkül, weil chronifizierte Leiden am Ende viel teurer werden als eine Therapie, die zeitnah nach Auftreten der ersten Symptome erfolgt«. Nach einer Umfrage der Bundespsychotherapeutenkammer (BPTK) müssen Betroffene heutzutage im Schnitt 20 Wochen auf eine Behandlung bei einem der 22.000 von den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen anerkannten Psychotherapeuten warten. Zur Behebung des Mangels braucht es laut BPTK 7.000 zusätzliche Kassenplätze.

Das geplante TSVG ist dagegen ein klassischer Fall von Mangelverwaltung. Nach dessen Wortlaut sollen künftig »Vertragsärzte und psychologische Psychotherapeuten« zwecks einer »Behandlungssteuerung« von psychisch kranken Patienten herangezogen werden. Kommt es so, steht demnächst vor dem Antritt einer Therapie zunächst eine Art Begutachtung, bei der zu entscheiden ist, ob und wie dringend ein Erkrankter Hilfe braucht. Das Prinzip dahinter: Besonders eilbedürftige Fälle erhalten rasche Hilfe, weniger dringende werden hingehalten. Und wer auf der ganz langen Bank landet, geht am Ende vielleicht auch ganz leer aus.
Es ist diese, wie es heißt, »gestufte und gesteuerte Versorgung«, die einen Sturm der Entrüstung ausgelöst hat. Eine vorgeschaltete Instanz würde eine weitere Hürde darstellen, den Zugang erschweren und überdies Kapazitäten binden, die dringend für die Behandlung gebraucht werden, argumentieren die Kritiker. »Das ist eine Diskriminierung psychisch kranker Menschen und ein erster Schritt zur Abschaffung der freien Arztwahl«, äußerte sich Petentin Sartorius am Montag während der Ausschusssitzung. Den Betroffenen werde damit aufgebürdet, »oftmals enorme, hoch schambesetzte seelische Belastungen gegenüber Behandlern darzustellen, die sie danach in der Regel nicht wiedersehen werden und die sie nicht selbst nach Vertrauensgesichtspunkten gewählt haben«, heißt es im Petitionstext.
Vor allem Menschen mit schweren Depressionen und Traumatisierungen könnten so noch stärker abgeschreckt werden, sich Unterstützung zu suchen, befürchten die Gegner. Damit würde ihnen ein »Hürdenlauf zugemutet, der sie unnötig belastet und gegenüber anderen Patientengruppen benachteiligt«. So entstehe ein neues Nadelöhr, »das werden wir nicht hinnehmen«, betonte Sartorius.
Spahn zeigte sich versöhnlich, aber unbelehrbar. Statt von einem »Gutachter« sprach er von einem »Lotsen«, was an dessen Funktion freilich nichts ändert. Auch beharrte der Minister auf seiner Position, dass mehr Therapeuten das Versorgungsproblem nicht beheben würden. Statt dessen müssten die Patienten nur besser verteilt werden, so Spahn, der auch vor kruden Thesen nicht zurückschreckte. »Da, wo besonders viel Angebot ist, scheint auch besonders viel Nachfrage zu sein.« Nach einer Erhebung der BPTK ist das zwar Unsinn, trotzdem bemüht der CDU-Mann diesen zu jeder Gelegenheit.

Eine Ausgabe der Sendung Inforedaktion: AG Weiße Fabrik.

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