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28.02.2019 18:00 Uhr Inforedaktion: AG Weiße Fabrik

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Pflegeförderprogramm – mehr Stellen fürs Klinikum?
Und was hat die AKG damit zu tun?

Der Personalrat des Klinikums informierte in seiner Veröffentlichung „Zur Sache“ vom 18.02.19:
„Der Vorstand des Klinikums will nun bis Ende Februar eine Vereinbarung mit dem Personalrat über die Neueinstellung oder Aufstockung vorhandener Teilzeitstellen von Pflegepersonal abschließen. Im Entwurf geht der Vorstand von 76 zusätzlichen Stellen für die Pflege am Bett aus.“
Da haben wir mal nachgeschaut: Stand heute weist die Stellenbörse der Anstalt Klinikum Stuttgart im internet genau 73 offene Stellen aus... . Ein Schelm wer dahinter etwas vermutet.
Dass der Vereinbarungsentwurf des Anstaltvorstands keine Regelung zur Verteilung der Stellen vorsieht und über die gesetzlichen Pflegepersonaluntergrenzen hinaus keine verbindlichen Regelungen mit dem Personalrat treffen will, ist nicht verwunderlich. Die Anstalt Klinikum ist Mitglied der AKG, der Arbeitsgemeinschaft Kommunaler Großkrankenhäuser.
Die AKG ist ein Interessenverbund von 22 Großkrankenhäusern und Krankenhausverbünden aus dem gesamten Bundesgebiet. Umsatz insgesamt gut 8,6 Milliarden Euro. Sie repräsentiert derzeit ca. 40.500 Betten und vertritt damit rund 8,5 % des gesamtdeutschen Krankenhausmarktes. Gut 1,7 Millionen Patienten im Jahr werden in den Häusern der AKG von nahezu 110.000 Mitarbeiter/innen vollstationär behandelt. Die Zahl der ambulant versorgten Patienten liegt bei über 3,1 Millionen. Hinzu kommen noch einmal rund 1,5 Millionen ambulante und stationäre Notfälle.
Und die Position der AKG, selbst zur völlig unzureichenden Pflegepersonaluntergrenzenverordnung ist eindeutig: Es handle sich um „... die nicht realitätsnahe Fokussierung der Verordnung auf examinierte Pflegekräfte...“. Das „Ergänzungspersonal“ wie „Stationsassistenten,...,medizinische Fachangestellte,...oder auch Speiseassistenten“ würde nämlich gar nicht berücksichtigt. Und: „..., um die Besetzungsstärke von examinierten Pflegekräften auf den gesetzeskonformen Stand“ zu erhöhen, müssten Intensivbetten geschlossen werden. Der Geschäftsführer der AKG, Helmut Schüttig, rechnet „mit einer Einschränkung von 10 bis 20 Prozent der Intensivbetten“.
Klarer ausgedrückt: „Ergänzungspersonal“, das billiger ist als examinierte Pflegekräfte, soll mit angerechnet werden und damit die Personaluntergrenzen für examiniertes Pflegepersonal geschliffen werden.
Zurück zur Anstalt Klinikum.
Im folgenden legt der Personalrat im „Zur Sache“ seine Positionen zu dem vom Anstaltsvorstand vorgelegten Vereinbarungsentwurf ausführlich dar, zeigt Konsequenzen auf und stellt Forderungen.
Wer aber das „Zur Sache“ bis zum Schluß liest, stößt auf den letzten Satz: „Deshalb knüpfen wir unsere gesetzlich notwendige Zustimmung zu mehr Stellen duch das Pflegeförderprogramm daran, dass der Vorstand mit uns zumindet Verhandlungen zur Entlastung/Pflegepersonalbesetzung auf Station aufnimmt, in denen das Verhältnis zwischen Arbeitsmenge/Anzahl zu versorgender Patient*innen und Pflegepersonal pro Schicht geregelt wird.“
Na, das dürfte der Anstaltsvorstand doch zusagen können. Gefordert wird ja nur die Aufnahme von Verhandlungen. Wenn das „zumindest“ zugesagt wird, dürfte der Zustimmung des Persaonalrats nichts mehr im Wege stehen.
Und nochmal ein Schelm, wer sich dabei an die Vorgänge um den 4-Seiten Vertrag und die Anstalt erinnert sieht. Denn auch hier bietet es sich ja förmlich an, dass das, was der Anstaltsvorstand bereit ist ohnehin zu machen, dann der Personalrat wieder als seinen Erfolg verkaufen darf.

Streikkonferenz und die Bewegung Mehr Personal in den Krankenhäusern
Sehr viele Teilnehmer der Streikkonferenz der Rosa-Luxemburg-Stiftung am 16/17. Februar in Braunschweig interessierten sich für die Arbeitsgruppen, die sich mit der Bewegung für mehr Personal in den Krankenhäusern auseinandersetzten. Dort wurde eine Bilanz der bisherigen Gewerkschaftsarbeit auf der politischen, tariflichen und betrieblichen Ebene gezogen.
Hinsichtlich der Beurteilung der einschlägigen Politik von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bestand noch weitgehend Einigkeit. Zwar würde laut Pflegepersonalstärkungsgesetz jede zusätzliche Pflegestelle ab 2019 vollständig finanziert. Verdi-Sekretär Michael Quetting warnte jedoch vor Entsolidarisierungsprozessen innerhalb der „Bewegung“ für mehr Personal in den Krankenhäusern. Angesichts des Personalmangels könne ein Wettbewerb zwischen den Kliniken entstehen, der von Betriebsräten eventuell mitgetragen werde. Darüber hinaus könne auch von einem weiteren Spaltungsversuch innerhalb der Belegschaft gesprochen werden. Erst jüngst habe der Konzern Helios-Kliniken angekündigt, die Verbesserungen in der Pflege von einem separaten Pflegetarifvertrag abhängig zu machen. Verdi strebt dagegen eine Weiterentwicklung des Konzerntarifvertrages an, der Lohnsteigerungen für alle Beschäftigtengruppen vorsieht.
Die bisher ausgehandelten Vereinbarungen mit den Kliniken in Berlin, Düsseldorf, Essen, Homburg und Augsburg wurden unterschiedlich bewertet. Die einen legten Wert darauf, die erstrittenen Maßnahmen im Falle von unterbesetzten Diensten – wie etwa Entlastungstage und Bettenschließungen – nicht überzubewerten. Andere betonten die Regelungen, mit denen die Belegschaft die Möglichkeit habe, in die Personalbedarfsplanung der Klinikleitungen einzugreifen. Die einen stellen sich auf jahrzehntelange Kämpfe um die schrittweise Ausweitung der tariflichen Regelungen ein. Andere wiesen darauf hin, dass es wirkliche Entlastung in diesem neoliberal umgebauten Versorgungssystem niemals geben werde.

Tarifrunde Öffentlicher Dienst der Länder
Heute, am Donnerstag beginnt die dritte Verhandlungsrunde für die für die rund 2,3 Millionen Beschäftigten der Bundesländer (ohne Hessen) in Potsdam. Ver.di fordert bei einer Laufzeit von zwölf Monaten Verbesserungen von 6 %, mindestens aber eine Erhöhung der Tabellenentgelte um 200 Euro sowie zusätzlich 300 Euro für die Pflegebeschäftigten.
Vor dieser Verhandlungsrunde haben die Gewerkschaften ihre Warnstreiks noch einmal kräftig ausgeweitet. In allen Regionen legten Tausende Beschäftigte die Arbeit nieder. Dennoch gilt: Die Auseinandersetzungen mit den Bundesländern sind für Verdi schwierig. Zum einen ist der Organisationsgrad hier niedrig. Zum anderen üben Streiks in Landesämtern und Behörden nur geringen Druck aus – nicht nur in ökonomischer, auch in politischer Hinsicht.
Ganz anders sieht das bei den Belegschaften der Universitätskliniken aus – was einige in den vergangenen Monaten in Arbeitskämpfen um Entlastung eindrucksvoll gezeigt haben. Allerdings gilt in den Großkrankenhäusern Baden-Württembergs, Hessens und anderswo nicht mehr der Flächentarif. Dennoch hat sich die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft entschieden, die Aufwertung der Pflege jetzt zu thematisieren. Zusätzlich zu den allgemeinen Lohnerhöhungen von sechs Prozent, mindestens aber 200 Euro, fordert die Verdi für Pflegekräfte 300 Euro im Monat extra.
Das ist berechtigt. Moralisch sowieso, ist die unzureichende Bezahlung von Pflegekräften doch in aller Munde. Auch taktisch gesehen ist das eine guter Zeitpunkt. Die lange geforderte Aufwertung erscheint realisierbar. Denn die Bundesregierung hat beschlossen, dass sämtliche linearen und strukturellen Tarifsteigerungen für Pflegekräfte vollständig refinanziert werden. Für die Klinikleitungen gibt es also zumindest betriebswirtschaftlich keinen Grund, sich gegen die Forderungen zu sträuben.
Ein Knackpunkt bei den Verhandlungen dürfte sein, welche Entgeltgruppen wie stark vom Abschluss profitieren. Mit der Forderung nach einem Mindestbetrag von 200 Euro will Verdi dafür sorgen, dass die Einkommensschere innerhalb der Belegschaften nicht noch weiter auseinandergeht. Das entspricht der Stimmung an der Basis. Die Landesregierungen aber streben das Gegenteil an: Angesichts des Fachkräftemangels wären sie wohl bereit, Akademikern und Spezialisten etwas mehr zu geben. Zugleich wollen sie bei den unteren Lohngruppen »sparen«. Doch Tarifverträge dürfen nicht einfach die „Marktlage“ abbilden. Sie stehen für erkämpfte Rechte und sozialen Ausgleich. Daran sollte sich Verdi-Vorsitzender Frank Bsirske erinnern, der in Potsdam seine letzte große Tarifverhandlung führt, bevor er in Rente geht.

Arzneimittelbranche gibt Millionen Euro für Weiterbildungen von Ärzten aus.
(Leicht gekürzt aus der JungenWelt vom 9/10.02.19)
Omniamed, einer der führenden Anbieter medizinischer Fortbildungen, zieht sich vom deutschen Mark zurück. Das Unternehmen stand seit längerem wegen seiner Nähe zur pharmazeutischen Industrie in der Kritik und wurde dafür im vergangenen Herbst durch die Landesärztekammer Baden-Württemberg mit dem Entzug der sogenannten CME-Zertifizierung abgestraft. Das Kürzel steht für »Continuing Medical Education«, und das System dahinter gilt als Garant zur Sicherung der Qualität im Gesundheitssystem. Mit dem Erwerb von CME-Punkten müssen Ärzte den Nachweis erbringen, fachlich auf der Höhe der Zeit zu sein. Im Vorjahr hatte die Organisation »Mein Essen zahl’ ich selbst – Initiative unbestechlicher Ärztinnen und Ärzte« (MEZIS) aufgedeckt, dass Omniamed-Tagungen vor allem als Werbeplattformen für Arzneimittel und ihre Hersteller dienen.
Wie das Handelsblatt am Mittwoch schrieb, ist der Rückzug aus Deutschland dann auch eine Reaktion auf das hierzulande in die Schusslinie geratene Geschäftsmodell. So seien zuletzt in Münster auf einen Schlag drei Veranstaltungen wegen »mangelnder Produktneutralität« nicht genehmigt worden, Absagen habe es zudem in Stuttgart und Dresden gegeben. Wer als Facharzt in fünf Jahren nicht 250 Fortbildungspunkte sammelt, dem droht der Verlust der Zulassung durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Zu CME-Punkten gelangt man allerdings nur mit Seminaren, die von den Ärztekammern zertifiziert sind. Dort, wo es keine »Beute« zu holen gibt, kreuzen keine Ärzte auf, wodurch – wie offenbar im Fall ­Omniamed – auch die Pharmalobby ihr Interesse verliert, Geld für solche Kongresse lockerzumachen.
Die Pharmabranche gibt jährlich Dutzende Millionen Euro für Sponsoring aus, darunter die Mitfinanzierung von Weiterbildungen. Neben ihrem Geld bringen die Konzerne auch Referenten in eigener Sache mit. MEZIS hat die Omniamed-Aktivitäten seit Anfang 2018 unter die Lupe genommen. In über 90 Prozent der untersuchten Fälle tauchten Vortragende auf der Gehaltsliste von Unternehmen auf, die als Sponsoren der jeweiligen Tagung in Erscheinung traten. Dadurch gerieten die Beiträge zu »reinen Werbeblöcken«, bilanzierte die Organisation. Das Geschäftsmodell führe »nachweislich zu schlechteren Fortbildungsergebnissen und verändertem Verschreibungsverhalten« und benachteilige obendrein »interessenkonfliktfreie, kleinere Anbieter«.
Gegenüber dem Handelsblatt begründete ein Omniamed-Sprecher den Rückzug mit einem schwierigen Marktumfeld. Die Akzeptanz für das Sponsoring von Fortbildungsveranstaltungen habe sich »spürbar verringert«. Dem Bericht zufolge lassen Arzneimittelhersteller mitunter 200.000 Euro für die Ausrichtung von Ein-Tages-Konferenzen springen und bieten Referenten auf, »deren Themen eine auffällige Nähe zu den Medikamenten der Sponsoren aufweisen«. Das alles hat sich natürlich auch für Omniamed gelohnt. Der selbsternannte Marktführer in Deutschland soll zuletzt einen Umsatz von 8,5 Millionen Euro erzielt und 500 Referenten an sich gebunden haben. Wie das Unternehmen auf seiner Webseite mitteilte, werde sich die Unternehmensgruppe »künftig voll auf ihre internationalen Aktivitäten konzentrieren«.
Für Christiane Fischer, ärztliche Direktorin bei MEZIS, kommt die Geschäftsaufgabe »überraschend«. Die Firma hatte gegen den Entzug der CME-Zertifizierung durch die Landesärztekammer Baden-Württemberg Widerspruch eingelegt. Dass das Management nicht einmal eine Entscheidung in der Sache abgewartet hat und auch gegen die Ablehnungen in Münster gar nicht erst vorgegangen ist, erstaunt auch Fischer.
Zu übertriebenem Optimismus besteht freilich kein Anlass. Nach Recherchen der Ärzteorganisation wolle mit dem Unternehmen Esanum bereits ein anderer Fortbildungsanbieter »in die Fußstapfen von Omniamed treten«. MEZIS hat deshalb auch das Geschäftsgebaren des nach Eigendarstellung führenden Ärztenetzwerks in Europa untersucht. Nach den Befunden haben fast alle Referenten »relevante, teils massive Interessenkonflikte und werden von den sponsernden Firmen bezahlt, zu deren Produkte sie Vorträge halten.« Fischers Fazit: »Die Esanum-Akademie kopiert die Omniamed-Veranstaltungen konzeptionell und hat bereits in der Auftaktveranstaltung mehr als die Hälfte der Omniamed-Referenten mit meist identischen Vorträgen direkt übernommen.«

Eine Ausgabe der Sendung Inforedaktion: AG Weiße Fabrik.

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