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28.04.2020 09:00 Uhr Morgenlatte – Theoriegewichse vom Feinsten (eingestellt)

Black Marxism

In einem Vortrag, den Christian Frings 2013 bei den linken Hochschultagen in Zürich gehalten hat, arbeitet er Schwachstellen in der marx’schen Theorie heraus: Marx habe keinen ausreichenden Begriff von Kolonialismus und Sklaverei gehabt, reproduziere Vorstellungen von „geschichtslosen Völkern“ und halte Kolonialisierung zum Teil für einen notwendigen Zwischenschritt innerhalb einer Fortschrittsgeschichte. Gleichzeitig verweist Frings auf einen antikolonialistischen Ansatz in Marxens Werk, der u.a. im Fetischkapitel sichtbar wird. Im Anschluss daran gibt er einen Überblick über den „Black Marxism“ (in Anschluss an das Buch „Black marxism: the making of the black radical tradition“ von Cedric Robinson). Dabei geht es insbesondere um den Versuch, den Zusammenhang von Kapitalismus und Sklaverei zu fassen, und u.a. um die Geschichte schwarzer Arbeiterrevolten in den USA und der Revolution in Haiti (siehe: Hegel und Haiti).
Mit dem Beginn der weltweiten ökonomischen Krise seit 2007 findet die radikale Kapitalismuskritik von Marx wieder größeres Interesse. Ihr Anspruch war und ist es, in den Widersprüchen der heutigen Gesellschaft Bedingungen und Möglichkeiten einer allgemeinmenschlichen Emanzipation zu finden. Aber dieser Anspruch auf universelle und damit wirklich globale Befreiung bricht sich an westlichen oder eurozentristischen Prägungen dieser theoretischen Kritik, die oftmals ausgeblendet bleiben. Marx und Engels hatten von Hegel unreflektiert dessen Begriff der „geschichtslosen Völker“ übernommen, von dem sie sich erst unter dem Eindruck der großen außereuropäischen Sozialrevolten der 1850er Jahre (der Sepoy-Aufstand in Indien 1857 und die Taiping-Revolte in China 1850-1864) und durch die Orientierung am antikolonialen Kampf der Iren teilweise lösen konnten. Ebenso ungeklärt bleibt in Marx‘ Kritik die Bedeutung des rassistisch eingefärbten globalen NordSüd-Gefälles, und damit auch der modernen Sklaverei, für das Funktionieren und Überleben des kapitalistischen Weltsystems. An dem heutigen Wendepunkt der Weltgeschichte, an dem sich die revolutionäre Dynamik unabweisbar im globalen „Süden“ entfaltet, muss sich die Linke in den Metropolen mit den eurozentristischen Grenzen der Marxschen Kritik auseinandersetzen, gerade um an ihrer radikalen Entmystifizierung der Fetischgestalten des Kapitals festhalten zu können. Im Vortrag sollen auf den Spuren eines „Black Marxism“ (Cedric Robinson) Ansatzpunkte und Perspektiven einer solchen Überwindung metropolitaner Begrenztheiten der Kapitalismuskritik dargestellt und diskutiert werden.

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