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28.10.2021 18:00 Uhr Inforedaktion: AG Weiße Fabrik

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Kämpfe im Gesundheitssektor – Kämpfe in den Weissen Fabriken – um Geld und Entlastung
Ein paar Beispiele –

Berlin: Charité und Vivantes
Nach mehr als einem Monat Streik lenkte zuerst die Geschäftsführung der Charité, dann die von Vivantes ein. Bis zum 30.11. soll ein „Tarifvertrag Entlastung“ ausgearbeitet werden und zum 1.1.2022 in Kraft treten. Es sollen u.a. mehr Pflegekräfte eingestellt werden und für Arbeit in unterbesetzten Schichten soll es „Belastungspunkte“ geben, die in Freizeit eingelöst werden können.
Der Streik bei den Vivantes-Töchtern um eine Bezahlung nach TVöD soll bis zu einem Abschluss unvermindert weitergehen. (Wir berichteten ausführlich am 30.09.21 – im internet nachzulesen).

Brandenburg: Asklepios Kliniken
Seit dem 21.10. wurde für sechs Tage gestreikt – um höhere Löhne und die Angleichung der Arbeitsbedingungen in Ost und West. Denn bislang arbeiten die KollegInnen in Brandenburg im Vergleich mit den KollegInnen in Hamburg (38,5 Stunden-Woche) bis zu elf Tage im Jahr mehr und das bei ca. 20 % weniger Lohn (in Baden-Württemberg ist die Wochenarbeitszeit 39 Stunden).

Cottbus:
Tarifeinigung beim Carl-Thiem-Klinikum: immerhin bekommt das Pflegepersonal nun 97,5 % des TVöD Gehalts, die Arbeitszeit verringert sich von 40 auf 39,5 Stunden und die Wechselschichtzulage und Pflegezulage werden erhöht.

Deutscher Pflegetag in Berlin
Die Vorsitzende des Pflegerats forderte Anfang Oktober auf dem Deutschen Pflegetag 4000 € brutto Einstiegsgehalt für Pflegefachkräfte. Der scheidende Bundesgesundheitsminister Spahn sagte gar, dass sich die Pflegekräfte bei Tarifverhandlungen weiter für bessere Arbeitsbedingungen einsetzen sollten, denn sie seien derzeit „am längeren Hebel“, er habe nichts gegen 4000 € Einstiegsgehalt.

Klinikum Stuttgart:
500 € Arbeitsmarktzulage im Monat für Pflegekräfte gefordert

Bis 12. November noch kursieren im Klinikum zwei Unterschriftenlisten.
Eine für die KollegInnen der bettenführenden Stationen ohne die psychiatrischen Stationen und eine für die KollegInnen der psychiatrischen Stationen. Beide sind von der Gewerkschaft Ver.di und fordern den Verwaltungsrat der Anstalt Klinikum Stuttgart auf diese dauerhafte Zulage einzuführen.

Warum zwei Unterschriftenlisten?

In den somatischen Bereichen wird dem Krankenhaus im Rahmen des Pflegebudgets eine übertarifliche Vergütung finanziert sofern es sachliche Gründe dafür gibt.
„Als sachlicher Grund wurde anerkannt, dass in Stuttgart der Arbeitsmarkt für Pflegepersonen eng, der Wettbewerb in einer Großstadt zugespitzt und der Wohnraum besonders teuer sei. Auch die Schwierigkeit sonst nicht genügend Personal für die Einhaltung rechtlicher Vorschriften zur Verfügung zu haben wurde als ausreichend sachlicher Grund anerkannt.“ (aus dem Text der Unterschriftenliste)
Daher ist zu erwarten, dass dem Klinikum die zusätzlichen Kosten voll refinanziert werden; eigentlich gibt es also keinen Grund für den Verwaltungsrat der Anstalt die Zulage abzulehnen.

In den psychiatrischen Bereichen bestehen natürlich dieselben sachlichen Gründe, die für eine Zulage sprechen. Und
„...um alle Stellen besetzen zu können, die nach der gesetzlichen Vorschrift PPP-RL (Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik – Richtlinie) notwendig sind, kann diese Zulage mithelfen, ausreichend Personal für die psychiatrische Versorgung zu gewinnen.“
Selbst wenn die Kosten für die Zulage für die KollegInnen der psychiatrischen Stationen nicht refinanziert würden, müsste der Verwaltungsrat der Anstalt diese gewähren. Denn erstens sollten die Beschäftigten nicht unterschiedlich behandelt werden und zweitens muss dies bei derzeit ca. 190 ausgeschriebenen Stellenangeboten im Klinikum finanzierbar sein.
Beide Unterschriftenlisten sollen Mitte November dem Verwaltungsrat der Anstalt übergeben werden. Dann wird sich zeigen ob dieser bereit ist, außer salbungsvollen Worten, die Pflegekräfte auch materiell etwas besser zu stellen als bisher. Übrigens: Früher machte man da eine Aktion im Rathaus und ging so an die Öffentlichkeit, aber seitdem Geschäftsführung, Verdi, Marburger Bund, Personalrat und Stadt Stuttgart in trauter Einigkeit das städtische Klinikum zum 1.1.2019 in eine Anstalt umwandelten, sitzen im Rathaus nicht mehr die Verantwortlichen.

Und alle anderen?
In einem nächsten Schritt sollte die Gewerkschaft diese Zulage auch für alle anderen Bereiche – Reinigung, Küchen, Transportdienst, Pforten, Technik, Steri usw. einfordern. In diesen Bereichen ist zwar der Arbeitsmarkt nicht so „eng“, das Leben und Wohnen in Stuttgart aber genauso teuer.

Und deshalb muss es für alle weitergehen
Um die vom Personalrat der Anstalt vorgeschlagene Dienstvereinbarung Arbeitsschutz, die in einem ersten Schritt „Gute Arbeit – Gute Pflege“ verwirklichen soll, Wirklichkeit werden zu lassen, müssen Anstrengungen unternommen werden, Mobilisierung und Aktionen vorbereitet werden und klar zum Ausdruck gebracht werden, dass es so nicht weitergehen kann – weder für die Pflege noch für alle anderen Berufsgruppen - und auch nicht mit mikrigen Tariferhöhungen und einer immer stärker gesteigerten Arbeitsintensität und Hetze, die immer mehr KollegInnen dazu bringt, den Beruf an den Nagel zu hängen.

Veranstaltung am 03.11.21:
Streiks für mehr Personal im Krankenhaus - 2015 bis 2021 und wie weiter?
Ort: Globales Klassenzimmer, Charlottenplatz 17, Diskussion &Vortrag. Veranstalterin AG Betrieb und Gewerkschaft der Partei Die Linke.
Diskussion mit Daniel Behruzi (Soziologe und Journalist, publiziert seit vielen Jahren zu Arbeitskonflikten im Gesundheitswesen), Volker Mörbe (ver.di-Vertrauenleutesprecher am Klinikum Stuttgart) gibt ein paar Einblicke aus der Situation im Klinikum Stuttgart und Moritz Damoune (Gesundheits- und Krankenpfleger an der Charité Berlin).

Eine Ausgabe der Sendung Inforedaktion: AG Weiße Fabrik.

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