
Tarifvertrag Entlastung für die sechs Unikliniken in NRW
Nach über 11 Wochen Streik ist es vollbracht: „Der erste Flächentarifvertrag für „Entlastung“ an Krankenhäusern in Deutschland ist durchgesetzt“, so die Verdi Landesfachbereichsleiterin Katharina Wesenick.
Die Eckpunkte:
Der Tarifvertrag startet Anfang 2023. „Für weite Teile der Pflege inklusive der psychiatrischen Stationen und der Notaufnahmen wird schichtgenau das Zahlenverhältnis von Beschäftigten und Patient/innen festgelegt. Wird diese Quote unterschritten oder kommt es zu anderweitig belastenden Situationen, erhalten die Betroffenen Belastungspunkte. Für jeweils sieben Punkte wird ihnen ein zusätzlicher freier Tag als Belastungsausgleich gewährt. Im ersten Jahr der Umsetzung können bis zu elf freie Tage zusammenkommen. Im zweiten Jahr sind es 14 und ab dem dritten Jahr maximal 18 zusätzliche freie Tage.“ (aus der Pressemitteilung von Verdi NRW vom 19.07.2022).
Aber es gibt auch Kritik. Krankenpfleger Thomas Zmrzly von der Uniklinik Düsseldorf, Mitglied der Streikleitung und der Tarifkommission im Gespräch mit der Tageszeitung „Junge Welt“:
„In Düsseldorf haben sich besonders viele Kollegen und Kolleginnen aus nichtpflegerischen Bereichen organisiert. Der Verhandlungskompromiss sieht vor, dass viele nichtpflegerische Bereiche viel weniger bekommen, als wir minimal gefordert haben. Daher ist uns nicht nach Tanzen zumute. Während an den anderen fünf Klinikstandorten absolute Mehrheiten für den Kompromiss zustande gekommen sind, hat im Düsseldorfer Streikzelt eine Mehrheit dagegen gestimmt. Für die Arbeitsbereiche Küche, IT und Ambulanz beispielsweise sind lediglich Neueinstellungen vorgesehen – statt freie Tage als Belastungsausgleich, wenn Personalschlüssel unterschritten werden. Sehr schmerzhaft ist auch die eineinhalbjährige Übergangsfrist bis zur endgültigen Umsetzung. Nicht wenige Beschäftigte werden sich fragen, ob sie noch so lange warten möchten, bis sie entsprechend ihrer Belastung auch entlastet werden. Aber: Der Ansatz für einen Tarifvertrag Entlastung ist gemacht, und auch einige nichtpflegerische Gruppen profitieren von Verbesserungen, beispielsweise Therapeuten oder Radiologen.“
Im folgenden hört ihr nun ein Interview mit der Ver.di Landesfachbereichsleiterin vom freien Radio Corax aus Halle.
(Dies kann unter https://www.freie-radios.net/116752 nachgehört werden).
Ver.di Ver.wirrt ihre Mitglieder
Während sich Ver.di in NRW also für ihre Mitglieder im Krankenhaus stark engagierte, sieht es in Stuttgart, im Klinikum leider ganz anders aus. Für den Betrieb mit über 7 000 Beschäftigten und vielen Gewerkschaftsmitgliedern werden gerade mal vier (!) Treffen der Betriebsgruppe im Jahr angeboten. So lässt sich natürlich nichts entwickeln – weder für Entlastung noch für die anstehende Tarifrunde.
Aber auch beim Streik der Hafenarbeiter/innen aus Hamburg, Bremen, Bremerhaven, Brake und Wilhelmshaven spielt Ver.di eine traurige Rolle und stellt sich gegen ihre Mitglieder.
Im folgenden hört ihr ein Interview mit Dr. Rolf Geffken, Arbeits-, Wirtschaftsrechtler und Autor aus Hamburg. Der Beitrag ist vom freien Radio Dreyeckland aus Freiburg.
(Dies kann unter https://www.freie-radios.net/116763 nachgehört werden).
Vernetzung Kämpferische Gewerkschaften (www.vernetzung.org)
Konferenz 2022:
Gewerkschaftliche Strategien gegen **
**Lohnverzicht, Sozialkahlschlag und Aufrüstung
am 8.und 9. Oktober in Frankfurt:
Als Beschäftigte haben wir in den letzten 3 Jahren rückwärtsgemacht. Kaum dauerhafte Lohnerhöhungen, selbst die erfolgreichsten Abschlüsse konnten Reallohnverlust nicht verhindern. Die galoppierende Inflation seit einem halben Jahr frisst auch die neuen, höheren Abschlüsse auf. Für Beschäftigte außerhalb der Tarifverträge, für Arbeitslose, RentnerInnen etc sieht die soziale Lage noch schlechter aus.
Die ArbeiterInnenklasse – und Teile der Selbstständigen – bezahlen für die Krise, für die Kosten der Pandemie und für den Krieg. Auch wenn die Regierenden und die Kapitalseite noch Zugeständnisse machen wie Corona-Prämien, 9 € Ticket, Energiepauschale etc., sie wollten und wollen die Arbeitenden zahlen lassen und zwar noch viel mehr.
Wir müssen uns wehren und wir könnten es auch. Noch gibt es Gewerkschaften, noch haben wir gewerkschaftliche und politische Rechte. Es gibt auch gute Signale des Widerstandes. Aber während Corona fielen viele Aktivitäten flach, viele traten aus. Das Hauptproblem ist allerdings, dass die Spitzen der Gewerkschaften den Kurs der Regierung kritiklos folgte, genauso wie den „wirtschaftlichen Zwängen“ der Unternehmen.
So wurden in der Pandemie den Menschen über lange Zeit persönliche Lasten aufgebürdet, aber oft Unternehmen freie Hand gegeben, rücksichtslos zu produzieren, hohe Profite abzuschöpfen, Standards und Leistungen abzubauen.
Viele Tarifrunden wurden halbherzig geführt, ja manche auch beendet, als die Mobilisierung gerade in Schwung kam. Die Entscheidungen über Forderungen und Ablauf von Tarifrunden werden noch mehr in der Führungsetage gefällt.
Der Widerstand gegen Arbeitsplatzvernichtung und Betriebsschliessung reduziert sich auf Sozialplanverhandlungen, über die Transformation entscheiden Unternehmen alleine.
Der DGB unterstützt kritiklos den Weg der Regierung zur massiven Aufrüstung, zum Wirtschaftskrieg gegen Russland. Aber sind die Angriffskriege der USA oder von NATO-Staaten weniger schlimm als Putins Angriffskrieg? Oder führen nicht vielmehr Hetze und Aufrüstung in noch mehr Konfrontation?
Die Solidarität von Belegschaften des gleichen Konzerns, der gleichen Branche wird kaum noch organisiert. Internationale Solidarität fällt total aus, obwohl die Angriffe in vielen Ländern ähnlich sind oder noch schlimmer.
Es ginge auch anders und in einzelnen Fällen tut es das auch.
Wie es gehen könnte und müsste
Der Kampf gegen die Reallohnverluste muss nicht nur mit Abschlüssen von mindestens der Inflationsrate, also 8%, bekämpft werden, sondern auch mit Preiskontrollen der Konzerne (v.a.Energie) und eine automatische Erhöhung/ Koppelung der Löhne und Sozialeinkommen entsprechend der Inflationsrate.
Das ist ein Kampf, der gegen die Regierungen und gegen das Kapital und seine Propagandatruppen geführt werden muss. Den nicht einzelne Belegschaften oder Gewerkschaften führen können, sondern der flächendeckend gemeinsam geführt werden muss. Aber so eine Bewegung könnte die ArbeiterInnen- und Gewerkschaftsbewegung aus ihrer Passivität hinausführen.
Für kämpferische Gewerkschaften!
Die VKG wurde vor knapp 3 Jahren gegründet, um alle zusammenzubringen, die in ihren Betrieben und Gewerkschaften für kämpferische Gewerkschaften eintreten und sich dafür auch übergreifend vernetzen wollen.
Es ist höchste Zeit, dass wir uns wieder live treffen, um Erfahrungen auszutauschen und zu beraten, wie wir die Widerstände aus den Führungen bekämpfen können und praktisch die Bewegung an der Basis ausbauen und unterstützen können.
Inforedaktion: AG Weiße Fabrik ist eine Sendung der Redaktion Inforedaktion
Jeden Montag bis Freitag nehmen wir uns von 18 - 19 Uhr jeweils eine Stunde Zeit für aktuelle politische Themen oder grundsätzliche Debatten. Links vom Medienmainstream vermitteln wir Gegenöffentlichkeit. Kontrastprogramm zu den Nachrichten der öffentlich-rechtlichen und kommerziellen Sender.