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20.04.2023 18:00 Uhr Inforedaktion: AG Weiße Fabrik

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Tarifrunde öffentlicher Dienst von Bund und Kommunen
Einigungsempfehlung der Schlichtungskommission liegt vor
Dieses Jahr: Nullrunde vorgesehen

Wie war das?
Verdi forderte vom 1.1.23 bis 31.12.23 ein Lohnerhöhung um 10,5 %, mindestens aber 500 € im Monat mehr.
Und viele waren sehr angetan von den Streikaktionen: Ein Streiktag wurde auf den Internationalen Frauenkampftag gelegt, bei einem weiteren wurde zusammen mit der Bahn ein bundesweiter Mobilitätsstreik organisiert.
Doch jetzt die Ernüchterung bei der Schlichtungsempfehlung – zwar noch kein Ergebnis, aber man muss kein Prophet sein um zu mutmaßen, dass die gewerkschaftlichen Schlichtungsteil-nehmerInnen bei der am Samstag folgenden Tarifverhandlung auch nicht mehr erreichen können oder wollen. Schließlich stimmten 24 von 26 Schlichtungsteilnehmern zu. Darunter waren jeweils 12 von Gewerkschafts – und Arbeitgeberseite und jeweils ein Schlichter dazu. Wer soll da jetzt noch Nein sagen?

Einigungsempfehlung
Die Einigungsempfehlung sieht vor von 1.1.23 bis 31.12.23 eine Lohnerhöhung um 0 %.
Geben soll es eine Einmalzahlung von 1240 € im Juni und dann in den Monaten Juli bis Dezember jeweils 220 €. Zusammengerechnet eine Zahlung von 2 560 € für 2023.

Zum Vergleich:
Verdi forderte für 2023 monatlich mindestens 500 € mehr, also mindestens 6 000 € mehr im Jahr – das Ganze tabellenwirksam, also auch rentenrelevant und relevant für künftige Lohnerhöhungen.
Die Schlichtungsempfehlung sieht statt tabellenwirksamen 6 000 € für das Jahr 2023 gerade mal Einmalzahlungen von insgesamt 2 560 € vor.
Das sind etwas über 40 % der Forderung – wie gesagt allerdings nur als Einmalzahlung, Eine Lohnerhöhung gibt es demnach 2023 gar nicht.

So erübrigt sich die Frage danach, wer sich in der Schlichtungskommission durchgesetzt hat.

Und dann 2024
Alles andere – also die für nächstes Jahr vorgesehenen Erhöhungen – werden derzeit in Verdi Flugblättern so vorgerechnet und erläutert, dass auch das ein Hinweis darauf ist, dass sich Verdi voraussichtlich mit der Schlichtungsempfehlung zufrieden geben wird.
Januar und Februar nochmals Einmalzahlungen zu je 120 €, ab dem 1. März 2024 sollen dann die monatlichen Tabellenentgelte um einen Sockelbetrag von 200 Euro plus 5,5 Prozent erhöht werden. Wenn dabei keine Erhöhung um 340 Euro erreicht wird, wird der betreffende Erhöhungsbetrag auf 340 Euro gesetzt.
Und dann wird vorgerechnet, dass dies z.B. bei einer/m Müllwerker*in in der EG 3, Stufe 3 ein monatliches Plus von 357,34 Euro (13,43 Prozent) bedeuten würde, bei einer Pflegefachkraft in
der P8, Stufe 4 monatlich 400,66 Euro (11,62 Prozent).
Da werden von Verdi also die Einmalzahlungen einfach dazu genommen um auf eine scheinbare hohe prozentuale Erhöhung zu kommen. 11 bis 13 Prozent klingt ja nicht schlecht – tatsächlich sind es ab März 2024 gerade mal 200 Euro mehr als Sockel betrag und dann 5,5 Prozent Lohnerhöhung. Mehr ist es nun mal nicht.

Wir berichteten übrigens schon im November 2022 auf was es in der Tarifrunde wahrscheinlich herausläuft:
„Da hat die IG Metall eine ernüchternde Vorlage geliefert – aber nicht für uns. Abgesehen von einer Einmalzahlung steigen die Entgelte dort ab 1. Juni 2023 um 5,2 und ab 1. Mai 2024 um weitere 3,3 Prozent.
(…)
Man muss kein Prophet sein um schon jetzt vorauszusagen, dass mit dem Abschluss – egal ob auf IG Metall Niveau oder etwas höher – alle zufrieden sein werden, außer uns, den Betroffenen: Die Kommunalen Arbeitgeber, weil ihnen die lange Laufzeit von vermutlich 2 Jahren „Sicherheit und Planbarkeit“ gibt, und auch Ver.di, weil der Abschluss zumindest über den Abschlüssen der vorangegangenen Jahre liegen wird (das waren 1,4 % mehr ab April 21 und nochmal 1,8 % mehr ab April 2022). Damit hat dann die deutsche Sozialpartnerschaft wieder einen Erfolg.“

Und so geht es weiter
Zuletzt noch mal aus einer Verdi Veröffentlichung:
„Am Samstag wird sich zeigen, ob auf Basis der Schlichtungsempfehlung eine Einigung zustande kommt, die unsere Bundestarifkommission ö.D. zur Annahme empfehlen kann. In diesem Fall werdet ihr in einer Mitgliederbefragung nach eurer Meinung gefragt.
Sollte es zu keiner Einigung kommen, entscheidet ihr in einer Urabstimmung, ob ihr bereit seid, für unsere gemeinsame Forderung in einen unbefristeten Streik zu gehen. Auf beide Möglichkeiten bereiten wir uns weiterhin vor.“

Na dann – vielleicht ist doch noch nicht alles vorbei.
Dafür müssen die Mitglieder aber ein eindeutiges Votum abgeben.

Und im Dezember 2022 zitierten wir aus dem Roman „Gewitter über Pluto“ von Heinrich Steinfest:
„…
Es klang wie ein dummer Witz. Aber es war keiner.
So ist es häufig. Viele Dinge, die wie ein Witz daherkommen – etwa Tarifverhandlungen zwischen Leuten, die gewissermaßen miteinander im Bett liegen und auch dafür bekannt sind, daß sie das tun-, erweisen sich als ernstgemeint. Nie würde einer dieser sich lautstark oder unbeugsam gebenden Verhandlungsführer auf die Idee kommen, sich einmal hinzustellen und zu erklären, dies alles sei nur ein Kasperltheater: die nächtelangen Krisensitzungen, das aufgeregt Hin- und Hergefahre, das tagelange Okkupieren von Luxushotels, das Gequake bezüglich eigener Vernunft und fremder Unvernunft, die Streikdrohungen, ja die Streiks selbst, das Beleidigtsein, das Nachgeben, das Aufeinandertreffen in der Mitte, das Millimeter- und Promillegetue, dieses ganze Affentheater, das sich über Tage und Wochen zieht und das zwei versierte Sekretärinnen in fünf Minuten über die Bühne kriegen würden.
Die Dinge kommen als Witz daher. Aber wir lachen nicht. Wir nehmen alles ernst. So lange, bis es auch ernst ist.“

Eine Ausgabe der Sendung Inforedaktion: AG Weiße Fabrik.

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