30.11.2023 18:00 Uhr Inforedaktion: AG Weiße Fabrik

Städtische Beschäftigte: Erneuter Streiktag für einen Tarifvertrag Altersteilzeit. Außerdem Stuttgart-Zulage gefordert. Wir, die Beschäftigten der Anstalt Klinikum stehen (noch?) abseits
Bereits im November streikten und demonstrierten in Stuttgart die städtischen Beschäftigten für einen Tarifvertrag Altersteilzeit und forderten eine Stuttgart-Zulage. Heute um 16 Uhr wurden Oberbürgermeister Noppel die dafür – auch im Klinikum - gesammelten Unterschriften übergeben; am Montag gibt es einen weiteren Streiktag – ohne Klinikum.
Der Hintergrund zur Altersteilzeit: Verdi hatte in der letzten Tarifrunde nicht nur die Nullrunde für 2023 beschlossen (es gab nur „Inflationsausgleich“), sondern sich auch die bestehende Alterteilzeitregelung wegverhandeln lassen. (zum Tarifabschluss berichteten wir im April 2023; nachzulesen unter www.freies-radio.de).
Der Hintergrund warum die Klinikumsbeschäftigten nicht mitstreiken: Seit die städtischen Krankenhäuser, das Klinikum Stuttgart, 2019 in eine Anstalt des öffentlichen Rechts umgewandelt wurde, sind die Beschäftigten des Klinikums gar keine städtischen Beschäftigten mehr, sondern eben Beschäftigte der Anstalt Klinikum. 2018 beschlossen die Geschäftsführung des Klinikums, die Stadt Stuttgart, die Personalvertretung des Klinikums und die Gewerkschaften Verdi und Marburger Bund einmütig, das städtische Klinikum in eine Anstalt des öffentlichen Rechts zu überführen. Und natürlich haben damals alle unisono versprochen, dass dies keinerlei Nachteile für die Beschäftigten des Klinikums haben werde.
Wir berichteten zur großen Personalversammlung in der Liederhalle am 17.07.2018; „Insgesamt gibt es ca 20 000 Beschäftigte der Stadt Stuttgart (bei Ämtern, Verwaltung, Eigen-betrieben, Bürgerbüros usw.). Eine starke Gemeinschaft, wenn es darum geht Verschlechterungen für die Beschäftigten oder für die Bevölkerung abzuwehren oder gar um Verbesserungen oder Regelungen (wie z.B. die pauschale Auszahlung des Leistungsentgelts) zu erreichen. Über 7 000 Beschäftigte davon arbeiten im Klinikum.“ Diese Gemeinschaft wurde damals zerschlagen. Und weiter in unserer Radiosendung vom 18.Oktober 2018 über die Nachteile der Anstalt: „Bei Beteiligungsverfahren entscheidet letztlich die Geschäftsführung statt des Gemeinderats, es gibt keine gemeinsamen Vereinbarungen mehr mit dem Gesamtpersonalrat, kein gemeinsames Vorgehen aller städtischen Beschäftigten, da die Klinikumsmitarbeiter gar keine städtischen Beschäftigten mehr sind, die politische Einflussnahme verschlechtert sich, der Gemeinderat ist nicht mehr unmittelbar zuständig, die direkte Steuerung wird in den Verwaltungsrat, der nicht-öffentlich tagt, verlagert, der Oberbürgermeister ist nicht mehr oberster Dienstherr, das Haushaltsrecht für das Klinikum ist nicht mehr beim Gemeinderat angesiedelt, usw.“
Soviel zu „keinerlei Nachteilen“. Nun müssen die Beschäftigten der Anstalt Klinikum eben versuchen ohne ihre städtischen KollegInnen einen Tarifvertrag Altersteilzeit und eine Stuttgart-Zulage zu erstreiten. Der Ausgang – und ob es überhaupt einen Beginn gibt – ist offen.
Aktionen von ArbeiterInnen und GewerkschafterInnen vieler Länder gegen Rüstungsexporte und Krieg In Deutschland bislang undenkbar
In anderen Ländern gibt es ermutigende Ansätze: Italien, Genova (Genua): Unter dem Motto „Krieg beginnt hier“ haben Hafenarbeiter in Genua Waffenlieferungen nach Israel blockiert. Dies ist in Genova bereits Tradition. Wir berichteten schon öfter über ihre Antikriegsaktionen. Der Hafen in Genova gilt als wichtige Drehscheibe für europäische, vor allem aber deutsche Waffenlieferungen. Sogar am Terminal, wo sonst nur Passagierboote anlegen, seien in den vergangenen Wochen Militärlastwagen mit Ziel Tunesien beladen worden, erklärte ein Sprecher des Kollektivs autonomer Hafenarbeiter. Diese seien „wahrscheinlich für die Unterdrückung von Migranten bestimmt“. Belgien: Verschiedene Transportgewerkschaften in Flandern und der Wallonie fordern gemeinsam mit christlichen Gewerkschaften einen sofortigen Waffenstillstand und haben dazu aufgerufen, sich nicht mehr am Transport von Waffen nach Israel zu beteiligen. „Als Gewerk- schaften stehen wir an der Seite derjenigen, die sich für Frieden einsetzen.“ Außerdem weigert sich das Flughafenpersonal seit mehreren Wochen, Waffen zu verladen, mit der Begründung, dass „das Be- und Entladen von Kriegsmaterial zur Tötung unschuldiger Menschen beiträgt“. Südafrika: auch der Kongress der südafrikanischen Gewerkschaften COSATU bezieht eindeutig Stellung: „Basierend auf seinen eigenen Erfahrungen mit Apartheid und Kolonialismus verurteilt COSATU alle Verbrechen gegen die Menschheit und unterstreicht die Bedeu- tung globaler Solidarität im Kampf gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit.“ USA: in der Nähe von Seattle, blockierten Aktivisten den Hafen von Tacoma, weil ein vor Anker liegendes US-Schiff Munition und Waffen für Israel geladen hatte. Das Schiff war bereits einige Tage zuvor von Arbeitern im Hafen von Oakland in der Bucht von San Francisco aufgehalten worden. Spanien: die Hafenarbeiter von Barcelona kündigten an, „die Aktivitäten von Schiffen mit Kriegsmaterial“ zu verhindern. Als Arbeiter, so hieß es in der Erklärung der Spanier, „verteidi- gen wir vehement die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“. Es gebe „keinen Grund“, der „das Töten von Zivilisten rechtfertigt“. Australien: Hafenarbeitern in Sydney protestieren gegen das Anlegen eines Frachters des Frachtunternehmens ZIM. Großbritannien: Gewerkschaftsmitglieder in Sandwich in der Grafschaft Kent blockierten die Zufahrt zu einer Tochter des israelischen Waffenherstellers Elbit Systems. Von solchen Aktionen hört man in den Medien hier allerdings praktisch nichts.
Und in Deutschland? Hier demonstrieren Beschäftigte, IG Metall und Vertreter der Rüstungsindustrie auf dem Werks-gelände von Airbus gemeinsam für mehr Aufträge für die heimische Produktion von Kriegsmaterial. Die Gewerkschaften riefen nicht einmal zur Friedensdemo in Berlin auf und über den Verdi Bundeskongress berichteten wir bereits am September (https://www.freie-radios.net/124402).
Im Krieg sterben die Menschen – dafür laufen hier die Geschäfte wunderbar Der Rüstungskonzern Hensoldt AG: Der Betriebsgewinn stieg in den ersten 9 Monaten um über 19% auf 151 Millionen Euro. Rheinmetall: In den ersten 9 Monaten stieg der Auftragseingang in der Rüstungssparte um ca 130% auf 14,5 Milliarden Euro. Und wegen der Nachfrage aus der Ukraine hat der Konzern die Preise für seine Artilleriegranaten auf fast das doppelte angehoben. Damit die Ukraine das auch bezahlen kann plant die Bundesregierung die Militärhilfe für die Ukraine im kommenden Jahr von vier auf acht Milliarden Euro zu erhöhen.